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Frohes Fest, 2023 Edition

Ja, ja, ich weiß – Weihnachten ist längst vorbei bzw. die Aldi-Filialen und andere Discounter der Nation bereiten sich fast schon wieder langsam darauf vor, Spekulatius, Lebkuchen und Schoko-Weihnachtsmänner für die Festtage 2024 ins Regal zu bekommen. Daher bin ich mit einer Überschrift wie „Frohes Fest“ heute an Silvester natürlich spät dran. Bin ich ja generell manchmal – also spät dran. Diesmal hab ich aber eine super Ausrede und damit gehe ich direkt auch all-in mit meinen in Artikelform gepressten Jammer-Festspielen.

Heiligabend hatte ich noch den Plan – nach dem bei Freund Krücke erlangten Vollrausch – selbigen am 1. Weihnachtstag auszuschlafen und mich dann an den Rechner zu setzen zwecks eines pointierten, nach „das haste aber gut gesagt“ heischenden Beitrags Weihnachten zumindest ein kleines bisschen produktiv erscheinen zu lassen. Dummerweise spielte mir mein Körper dabei aber einen kleinen Streich. Schon Heiligabend hatte ich Schmerzen im Fuß, aber absolut erträgliche. Long story short: Am 1. Weihnachtstag fühlten sie sich deutlich weniger erträglich an.

Manchmal passiert mir das, dass ich eine schmerzhafte Entzündung im Fuß habe. Ich würde mal tippen, auf 1-2 mal im Jahr. Dann passe ich meistens einen Tag lang in keinen Schuh, was mich abseits der Schmerzen nur so mittel tangiert, arbeite ich doch eh im Home-Office und der Spaß ist nach zwei bis drei Tagen wieder gegessen. Natürlich habe ich beim ersten Auftreten seinerzeit das getan, was jeder verantwortungsvolle, gesundheitsbewusste Typ tut: Ich hab Symptome gegoogelt. Mit „Entzündung“ kann ich super leben, weil die von mir zuvor überlegte Alternative „Kacke, hab ich Schwachkopf mir etwa ohne es zu bemerken den verschissenen Fuß gebrochen?“ deutlich unappetitlicher gewesen wäre.

Als es nun am Weihnachtsmorgen schmerzte, blieb ich cool – im wahrsten Sinne des Wortes. Fuß hochlegen, kühlen – so Sachen halt, die einem Google bei der routinierten Selbstdiagnose per Internet rät. Dummerweise tat es nach einem halben Tag deutlich mehr weh, als ich es gewohnt war. Gut, dass ich da noch nicht ahnte, wie viel schmerzhafter es am zweiten Weihnachtstag werden würde. An diesem Tag nämlich war selbst das Humpeln zum Klo nicht mehr nur mühevoll, sondern sogar ein reines Drama. Ich nutzte einen notdürftig erarbeiteten Parcours aus Wohnzimmermöbeln dazu, mich immer wieder abstützen zu können, außerdem testete ich etwa ein halbes Dutzend Methoden, wie man von der zum Krankenlager umfunktionierten Couch möglichst ohne Schmerzensschreie aufstehen konnte. Teil des Rituals war ein zehnminütiges Sitzen am Couchrand inklusive nur gedanklichem Durchspielen des Aufstehens.

Heute ist wie gesagt Silvester, es tut weiter echt weh, aber Aufstehen geht schon fast wieder super. Denkt ihr eigentlich auch gerade daran, dass ihr – möglicherweise noch mit einem amtlichen Schädel als Folge eurer kleinen Silvester-Soiree (ich wollte erst Silvester-Sause schreiben, will hier aber als eloquent auftrumpfen, ich alter Kackenhauer) – jetzt schon seit vier Absätzen mitverfolgt, wie ich über meinen Fuß schreibe? Ich wette, das hat euch das Bleigießen nicht vorausgesagt.

Ich will auch gar nicht mehr über den Fuß an sich reden, wieso auch? Ich will nur noch so viel dazu sagen, dass ich echt abgenommen habe, zumindest die ersten Tage. Man konnte halt nicht zwischen Küche und Wohnzimmer hin und her springen, während man sich irgendwas kocht. Ich habe dann mein Lieferando-Konto an dem Tag wieder für mich entdeckt, als ich guter Hoffnung war, dass ich beim Klingeln binnen einer Minute die circa 10 Meter bis zur Wohnungstür zurücklegen kann. Beim zur-Tür-Humpeln sendete ich dabei stets ein paar Stoßgebete an einen Gott, an den ich nicht glaube, dass die Haustür unten nicht abgeschlossen sein würde. Es wäre nämlich lediglich der Gipfel der Katastrophe gewesen, würde im 2. Stock oben ein sehr hungriger, verkrüppelter Typ an der Wohnungstür stehen und unten vor der Haustür ein unterbezahlter, aber fleißiger Lieferando-Fahrer mit einer Turnierpackung an pflanzenbasierten Burgern einer amerikanischen Fast-Food-Kette, der leider nicht damit ins Haus kann.

Witzig: Just in der Sekunde, in der ich diesen Absatz schreibe, klingelt es an der Tür. Wieder Schmerz, wieder Stoßgebete, weil es ja immerhin schon 22 Uhr ist und meine lieben Nachbarn abends echt gerne zeitig die Tür verrammeln unten. Für die sehr Interessierten unter euch: Ja, es ist abermals gut gegangen, die Tür war offen. Ich habe in den letzten drei Tagen deutlich zu viel Geld, das ich echt eigentlich nicht habe, in Lieferando investiert, sodass mein erster guter Vorsatz für Januar 2024 der ist, damit umgehend wieder aufzuhören.

Übrigens habe ich – in weiser Voraussicht mit Blick auf morgen bzw. aus Verfressenheit und um den Mindestbestellwert vollzubekommen, gleich zwei Pizzen bestellt. Eine Margherita und eine vegetarische mit verschiedenem Gemüsekram. Also quasi zwei vegetarische Pizzen. Denkt ihr jetzt zurück an die pflanzenbasierten Burger von eben, erkennt ihr vielleicht ein Muster, aber dazu später mehr. Jetzt würde ich mir wünschen, dass ihr euch kurz anderweitig beschäftigt, weil ich eben mal kurz eine Pizza verdrücken werde.

Huch, Pizza gegessen, dabei wieder einmal random in Supernatural reingezappt und zack – 23 Uhr durch. Na egal, hab ja dieses Jahr nix Wildes mehr vor, also weiter im Text. Ach, apropos Supernatural. Ich hab da auch noch nen halbfertigen Beitrag über die Serie im Backend. Vielleicht sollte das der erste Artikel sein, den ich 2024 raushaue. Also abgesehen von diesem, der vermutlich eh nicht vor Mitternacht fertig wird.

Eigentlich wollte ich für mich in diesem Beitrag noch ein bisschen jammernd den Deckel draufmachen aufs Jahr. Bisschen zurückschauen, bisschen nach vorn schauen und ein bisschen über die Gesellschaft abkotzen. Wie aufs Stichwort rappelt es draußen gerade wieder. Die Böller höre ich natürlich schon wieder seit Tagen, aber das kennen wir ja so schon seit Jahren. Immerhin etwas, was nicht schlimmer geworden ist in den letzten Jahren. Relativ neu ist hingegen, dass jeder, der irgendwo wieder einmal einen Beleg für ideologiegetriebene Aktionen grün-woker Möchtegernweltverbesserer wie mich entdeckt, fest daran glaubt, dass er jetzt aktiver Freiheitskämpfer im Widerstand ist:

  • „Die wollen uns das Böllern verbieten? Dann hole ich extra viel Böller und Raketen dieses Jahr, nachdem ich die ersten 360 Tage des Jahres darüber geschimpft habe, dass die Ampel alles teuer gemacht hat!“
  • „Winnetou gecancelt? Ha, mein Facebook-Profilbild von einem Franzosen in der jugoslawischen Prärie wird es denen da oben mal so richtig zeigen. Dazu höre ich jetzt extralaut „Layla“!
  • „Müllermilch steht am woken Pranger, weil der CEO sich mit AfD-Alice trifft? Sauf ich jetzt nur noch, die Plörre – FÜR DEN WIDERSTAND!!“

… und so weiter und so fort …

Extra viel Müllerdrinks, extra viel mit dem Verbrennerauto rumfahren, extra jetzt ne Gasheizung statt Wärmepumpe anschaffen, extra viel Fleisch fressen, um des den Veganern zu zeigen, extra viel Feuerwerk kaufen – ihr kennt das Muster ja auch alle.

Ganz ehrlich: Das ist unfassbar gruselig, haut mich jetzt aber auch nicht mehr aus den Latschen (also sobald ich wieder welche anziehen kann). Schlimmer sind da andere Trends. Beispielsweise die Attacken auf Rettungs- und generell Einsatzkräfte. Bin hart gespannt, wie morgen das Fazit für diese Silvesternacht ausfallen wird. Oder nehmt das Hochwasser: In sozialen Medien liest man von einem Spin, dass der Umgang mit dem Hochwasser von der Regierung so gehandhabt wird, dass möglichst viele Leute jetzt kaputte, abgesoffene Heizungssysteme besitzen, die sie möglicherweise durch Wärmepumpen ersetzen. Auf diesen Take muss man auch erst einmal kommen. Oder ebenfalls zum Hochwasser: Menschen positionieren in schweißtreibender Arbeit unzählige Sandsäcke – und diese werden dann von einigen Bürgern wieder abgeräumt, weil sie damit das eigene Haus schützen wollen. Kann man sich einfach nicht ausdenken.

Wann sind wir als Gesellschaft so geworden? Dieses ewige „Meine Meinung“ vs. „Deine Meinung“ ohne Rücksicht auf Verlust oder auf Argumente und Fakten macht mich fertig. Dummerweise geht das durch die komplette Gesellschaft. Also es sind nicht (nur) Querdenker, Schwurbler, rechte AfD-Pfeifen und Evolutionsbremsen. Es sind auch intelligente Menschen, Freunde und einstige Vorbilder. Wir müssen auch echt auf uns schauen. Wie bewegen wir uns im Netz, wie medienkompetent handeln wir, welche Sprache nutzen wir, mit welchen Leuten kommunizieren wir.

Mich nerven zunehmend mehr auch die „eigenen Leute“, also Menschen aus meiner Bubble. Diese Bubble setzt sich aus echten Freunden zusammen, losen Bekanntschaften, Menschen, die ich nur virtuell kenne – und auch Menschen, die man gar nicht wirklich kennt, über die man aber stets stolpert, weil man sich thematisch auf eine Art nahesteht, also politisch, gesellschaftlich, ideologisch usw. ähnlich tickt.

Wir machen da oft den Fehler zu glauben, dass wir als die weißen Ritter, die auf der „guten“ Seite stehen, keine Fehler machen können. Aber guess what: die „Anderen“ glauben auch, dass sie auf der guten Seite stehen, egal ob sie im Widerstand gegen Corona kämpften, oder am 8. Januar auf ’ner Traktor-Demo das Land retten wollen. Ja, das sind wirklich Spacken, keine Diskussion. Aber deswegen haben wir noch lange keinen Freifahrtschein und dürfen uns äußern, wie wir wollen. Lookism, Hatespeech und ähnliche Mechanismen sind auch dann nicht okay, wenn wir uns gegen Nazis, AfD-Wähler:innen, misogyne Idioten oder sonst wen richten.

Und auch uns würde es gut zu Gesicht stehen, etwas mehr zu differenzieren. Nehmt das Beispiel Böllern. Ich tue das nicht mehr, seit ich 19 oder 20 bin, glaub ich. Damals einfach aus Geldgründen, weil ich nicht einsehe, so viel Geld für so kurzen Spaß zu investieren. Mit den Jahren kamen viele Argumente dazu und so bin auch ich heute jedem dankbar, der sich das sinnlose Böllern verkneift. Aber – und das ist ein fettes „Aber“ – das Abfeuern von ein paar Raketen macht einen Menschen nun auch nicht gerade zum schlimmsten Wesen knapp hinter Hitler. Auch unter meinen Freunden überbietet man sich gegenseitig mit Beschimpfungen für Leute, die es wagen, fünf Silvesterraketen in die Luft zu feuern.

Ist da echt nicht ein kleines bisschen Platz zwischen „Ich hole keine Böller, aber Raketen schieße ich gerne ein paar ab“ und „ich kacke das ganze Jahr rum, dass alles so teuer bin, aber Silvester zeige ich es der Regierung, indem ich 200 Euro rausballer für Böller. Und ja, nur Böller – scheiß auf Raketen. Damit kann man eh besser auf Rettungswagen zielen“. Ja, es gibt all diese Gründe, die gegen Feuerwerk sprechen. Aber es gibt auch Gründe, die gegen Fleischkonsum sprechen, gegen das Entsorgen von noch guten Lebensmitteln, gegen das Nutzen von Verbrennern, gegen das Tragen von Lederkleidung, gegen das Fliegen und ich könnte vermutlich noch eine Stunde so weiter machen. Einige dieser Baustellen betreffen mich ja selbst und machen wir uns nichts vor: Wir alle würden spielend leicht irgendwas finden, was den Menschen, der Umwelt, dem Geldbeutel, der Gesellschaft oder sonst wem helfen würde, wenn wir es unterließen.

Ich hab liebe Freunde, von denen ich weiß, dass sie wundervolle Menschen sind. Die helfen Menschen, wenn sie können, gerne auch unaufgefordert, weil sie einen Blick dafür haben. Sie leben vernünftige Werte und kommunizieren diese Werte auch, um sich klar zu positionieren. Sie sind beruflich erfolgreich, intelligent, witzig, mit einem großen Herzen und mit viel Humor. Sollen das wirklich die Menschen sein, die ihr in den letzten Tagen beschimpft habt, wenn ihr pauschal jeden an die Wand stellt, der sich für egal welchen Betrag Feuerwerk kauft? Ganz ehrlich? Die sind mir lieber als irgend so ein AfD-Hansel, der so tierlieb ist, dass er neben AfD-Logo und Deutschland-Fahne auch sein Hündchen im Facebook-Profilbild zeigt, wegen dieses Hündchens auf Feuerwerk verzichtet – sich dafür aber über andere Menschen erhebt, Rechtsradikale unterstützt und auch sonst eine Jauchegrube von Mensch ist. Da muss man doch bitte Unterschiede sehen, oder nicht?

Oder anderes Beispiel, bei dem mich die eigene Bubble nervt. Nehmt beispielsweise die Plattform, die Mark Zuckerberg dieses Jahr als vermeintlichen Twitter-Ersatz an den Start brachte: Threads. Vielleicht muss ich mich dazu nochmal gesondert äußern, aber ich denke, das werde ich dann eher im Rahmen meines beruflichen Podcasts tun. Dort jedenfalls erklären von morgens bis abends Leute, wie man sich zu benehmen hat, wie die Plattform funktioniert, wen man liken darf und wen man blocken sollte. So funktioniert Internet aber nicht. Ich sehe „tapfere“ Recken, die sich todesmutig an misogyne, rechtsextreme oder sonst wie verblödete Menschen wenden und diese unter deren Postings mit Scheiße bewerfen. Was es bewirkt? Noch mehr Hass, noch mehr sinnlose Streits und noch mehr Interaktion mit solchen Leuten, denen man dadurch natürlich mehr Reichweite verpasst. Meist stoße ich auf solche Gestalten ja nur, weil irgendjemand aus meiner Bubble dort interagiert hat. Also ja, wir selbst müssen diesen Algorithmen- und Plattformen-Dschungel auch noch kapieren lernen.

Wisst ihr, seit zig Jahren schreibe ich davon, dass wir auf eine wirklich positive Zukunft zurauschen – bis dahin müssen wir aber wohl vermutlich jahrelang knietief durch Scheiße waten. Ich war also schon immer davon überzeugt, dass es zwar schlimmer werden muss, bevor es dann signifikant besser werden kann, aber dass genau das eben auch so passieren wird. Ende 2023/Anfang 2024 glaube ich daran immer noch. Aber die Hoffnung, dass wir da schon ein gutes Stück zurückgelegt haben, schwindet langsam.

Der Optimismus geht mir langsam aus irgendwie. Anstatt einen Krieg zu beenden, wurde in diesem Jahr ein neuer begonnen. Andere Konflikte – Sudan, Bergkarabach, Jemen – werden dadurch medial kaum wirklich wahrgenommen, obwohl dort tausendfach unmenschliches Leid geschieht. Und auch bei diesem neuen, aber eigentlich alten Krieg in Nahost gibt es wieder diese zwei Fronten und viel zu wenige Menschen dazwischen in der eher objektiven Mitte. Weil ich schrieb, dass am 7. Oktober in Israel Menschen von Hamas-Kämpfern abgeschlachtet wurden, habe ich tatsächlich einen liebgewonnenen Menschen verloren. Weil das Wording nicht genehm war und weil „niemand die Opfer in Gaza erwähnt“.

Was natürlich kompletter Quatsch ist. Natürlich gibt es die Stimmen, die sehen, dass dort in israelischen Siedlungen und auf einem Festival Menschen niederträchtig ermordet wurden und die jetzt ebenso empört darüber sind, in welch rücksichtsloser Manier Israel bei seinem Krieg auf zivile Opfer im Gazastreifen scheißt. Auch in der Weltpolitik mehren sich die Stimmen, die Israel laut auf die Finger klopfen. Es ist ein sehr komplizierter Konflikt, der seit Jahrhunderten schwelt und immer wieder ausbricht, und bei dem keine Seite lügt, wenn sie sagt, dass ihr im Laufe der Geschichte übel mitgespielt wurde. Viel mehr möchte ich dazu aber gar nicht sagen an dieser Stelle.

Was mir noch Sorgen macht? Dass der Trumpismus endgültig nach Deutschland geschwappt ist. Merz, Söder, Aiwanger, Linnemann, ein paar FDP-Möchtegerns und weiterhin natürlich die AfD-Brut bedienen sich eines Wordings, bei dem mir schlecht wird. Da wird überspitzt, verfälscht, polemisiert und gelogen, nur um den politischen Gegner scheiße aussehen zu lassen. „Die Ampel muss anerkennen, dass die Mehrheit der Bevölkerung gegen diese Regierung ist“. Ja, weil ihr sie aufgehetzt habt, Friedrich, du dummes Arschloch!

Diese „Die Ampel macht alles falsch“-Kacke hat mich 2023 in den Wahnsinn getrieben. Man kann wirklich einiges aufzählen, was Grüne, SPD und FDP zusammen und jeder für sich dieses Jahr verbockt hat. Aber länger ist die Liste der Dinge, die richtig gemacht wurden. Wir sind doch keine Bananenrepublik, über die „die ganze Welt lacht“. Aber immer mehr Menschen werfen genau das der Regierung vor, weil diese ganzen Lügen einfach verfangen. Leute, die es besser wissen, aber aus Kalkül anders kommunizieren, treffen auf Leute, die es auch besser wissen könnten, aber lieber das glauben, was ins eigene Weltbild und Mindset passt.

Übrigens dachte ich gerade eben, dass das neue Jahr schon angefangen hätte, weil es draußen die entsprechende Soundkulisse gibt. Ist allerdings erst 23:45 Uhr, also noch ein bisschen Zeit. Es ist 2023, wir können in den Weltraum fliegen, selbstfahrende Autos bauen und KI-Tools, die uns menschenähnliche Intelligenz vorgaukeln – aber zu funktionierenden Uhren hat es augenscheinlich noch nicht gereicht …

Wo war ich stehengeblieben? Hab ein bisschen den Faden verloren. Muss an Menschen aus der Ukraine denken, oder an Menschen, die Verwandtschaft im Gazastreifen haben. Wie muss sich das für sie anhören und was muss es in ihnen auslösen? Von den Tieren natürlich ganz zu schweigen. Wir könnten da klüger sein, aber hey, Freiheit und Tradition und Leitwerte und so weiter – wir haben das oben ja schon mal kurz angekratzt.

Dieses Traditions-Geschwätz könnte meinetwegen 2024 auch wieder tief in der Mottenkiste der Geschichte vergraben werden, irgendwo zwischen schönen Traditionen wie Vergewaltigung in der Ehe, Fahren ohne Anschnallgurt, Todesstrafe und „Wir finden eigentlich nicht, dass Frauen arbeiten oder wählen sollten“. Ich merke, wie wütend werde und mich während des Schreibens immer wieder in die „heile“ Welt der Winchesters flüchte. Oh, sehe gerade, es ist Mitternacht. Frohes neues Jahr, ihr Lieben! Verrückt, oder? Ich schreibe jetzt seit etwa 12 Jahren beruflich, insgesamt natürlich noch länger – aber noch nie hab ich ins neue Jahr reingebloggt. Das soll mir erst mal einer nachmachen: Das Jahr ist 60 Sekunden alt und ich habe mein erstes „erstes Mal“ des Jahres bereits hinter mir.


So, klitzekleiner Schnitt. Mittlerweile ist der 1. Januar fast vorbei. Ich habe spontan letzte Nacht noch ein bisschen mehr Supernatural geglotzt, über meinen schmerzenden Fuß gejammert und dabei irgendwann den Bock verloren, nochmal zurückzukehren zu meinem Rechner und diesem Text. Jetzt schreibe ich den Kram hier mal fertig, denn bislang hab ich viel zu viel gesellschaftliches Zeug besprochen und gar nichts über mein privates Jahr 2023 geschrieben.

Ganz ehrlich? 2023 hatte seine Glanzlichter, aber es war nichtsdestotrotz ein richtiges Kackjahr. Es geht mir psychisch über weite Strecken wirklich mies. Nicht so „ich krieg den Arsch hoch und versuche nach x Jahren mal wieder eine Therapie“-mies, aber schon sehr mies. Obwohl, teilweise hängt es ja zusammen: Man bekommt einfach Dinge nicht erledigt und da ist „ich suche mir einen Therapeuten – oder erst einmal einen neuen Hausarzt“ echt große Dinge. Wenn ich es manches Mal einfach nicht schaffe, duschen, einkaufen oder Post abschicken zu gehen, dann schaffe ich erst recht nicht den Weg zu einem mir noch unbekannten Arzt. Teufelskreis. Vorsatz für 2024: Das endlich in den Griff bekommen.

Aber die Gesundheit hat mir auch sonst übel mitgespielt. Die Fuß-Story hab ich ja schon breit ausgewalzt, zudem war ich wenige Tage vorher nochmal unangenehm erkältet und lag auch da flach. So kommt es, dass ich „ausgerechnet jetzt“ noch deutlich weniger aktiv sein kann, in einer Zeit, in der es echt angebracht wäre. Damit kommen wir zu ein paar Lichtblicken dieses Jahres. Ich ziehe nämlich um. Die Wohnung haben wir bereits, ich hätte also sensationell viel schaffen können in den letzten Tagen, statt sinnlos auf der Couch zu vererotten. Mit „wir“ meine ich Palle und mich. Auf meine alten Tage versuche ich es tatsächlich erstmals mit einer WG.

Ich mach gern meine Witzchen über Palle, weil wir so hin und wieder trotz langer Freundschaft sozial nur so mittel-kompatibel sind. Ich raffe einige Verhaltensweisen einfach nicht und bin sicher, ihm geht es ebenso mit mir. Die Bude ist ebenfalls in der Dortmunder Innenstadt – sogar noch zentraler als meine aktuelle. Sie hat vier Zimmer, insgesamt 120 m² etwa und eine bereits toll ausgestattete Küche. Eine signifikante Verbesserung also, und allein dafür muss ich Palle schon dankbar sein, dass der das mit mir durchzieht. Auch deswegen, weil wegen mir Insolvenz-Hansel der Löwenanteil der Kosten an ihm hängenbleibt.

Nicht so schön allerdings: Dritter Stock, kein Fahrstuhl. Da ist Diät angesagt, denn jedes Gramm, das ich nicht mit hochschleppen muss, hilft mir weiter. Ebenso ein positiver Aspekt des letzten Jahres: Quasi auf der Zielgeraden habe ich ein paar Kilos abnehmen können. Seit Jahren hänge ich an der unerträglichen 150-Kilo-Marke fest. Mal ein bisschen mehr, sodass die Waage nix mehr anzeigt, dann mal wieder 147 Kilo, dann wieder 150. Jetzt habe ich mich in wenigen Wochen von „Die verkackte Waage zeigt wieder nix an“ auf 142 Kilo runtergekämpft.

Das könnte auch damit zusammenhängen, dass ich mich aktuell vegetarisch ernähre. Vorab so viel dazu: Ich bin noch nicht weg vom Fleisch. Hätte ich Silvester zu Krücke gekonnt, hätte ich mich knietief in frittiertem Geflügel gewälzt. Und ich werde mir herausnehmen, bei passender Gelegenheit auch mal wieder ein gutes Stück Fleisch zu essen, da bin ich fast sicher. Aber dennoch möchte ich den Fleischkonsum signifikant herunterfahren. Das klappt aktuell seit knapp zwei Monaten, nachdem ich eine Reportage auf YouTube gesehen habe.

Wieso sich da etwas in mir getan hat, obwohl ich auch vorher schon Dokus und Reportagen gesehen habe, die sich mit der unsäglichen Fleisch-Industrie und den Bedingungen beschäftigen? Gute Frage … ich glaube, es ist deswegen, weil hier ein „Vorzeigebetrieb“ gezeigt wird. Der hält sich an die Regeln und das vorbildlich und der Bauer hat sogar dem Dreh dieser Reportage zugestimmt. Wir bekommen also nicht ein „schwarzes Schaf“ der Branche präsentiert, sondern eher den Primus. Also selbst im möglichst guten Fall sieht Massentierhaltung so aus. Das kann ich nicht einfach so ignorieren, also versuche ich es so gut es geht ohne Fleisch.

Das ist mitunter haarig, wird aber dadurch erträglich, dass ich mich vegetarisch ernähre. Eier und Käse erlaube ich mir also. Bestimmt werde ich mich auch dazu nochmal gesondert zu Wort melden. Vermutlich in Kombination mit einem weiteren Vorsatz, den ich für 2024 gefasst habe: Nicht nur mal wieder vorne eine 13 auf der Waage sehen, sondern möglichst wieder unter 130 Kilo kommen. Alles weitere ergibt sich dann hoffentlich.

Kommen wir zum Schluss und zu einem Thema, dass sowohl zu den strahlenden Höhepunkten, aber auch zu den schwierigen Momenten des Jahres gehört: Die Depeche-Mode-Tour! Ich hab viele Konzerte gesehen mit einen liebsten Menschen. Das tut unendlich gut und hilft temporär, meine circa Wüste-Gobi-trockenen Akkus wieder ein wenig aufzuladen. Es gab so viel Bauchschmerzen vor Lachen, so coole Orte, so wunderschöne Momente, so viel Gemeinsamkeit und das bei einem Menschen, der 95 Prozent des Jahres allein in seiner Wohnung verbringt.

Aber auch da gab es Lowlights. Einerseits bin ich finanziell unfassbar limitiert, auch durch die Insolvenz. Bei jeder spendierten Runde, jeder ausgelegten Hotelbuchung oder Eintrittskarte zuckt mein schlechtes Gewissen wieder. Tiefstes Lowlight daher, das auf 2024 ausstrahlt: Ich verzichte auf einige der kommenden Konzerte, obwohl es mir das Herz bricht. Kein London für mich zum Beispiel. Lieblingsband, Lieblingsstadt und Lieblingsmenschen werden ohne mich auskommen müssen 🙁 Sicher war es auch kein Highlight, dass ich in Rom ausgeraubt wurde und meine Karte aus nicht geklärten Gründen in Mailand ungültig war.

Auch da halfen mir meine Freunde wieder aus der Patsche. Ich hab sehr viel Liebe für jeden Einzelnen von ihnen, könnt ihr mir glauben. Aber es zerreisst mich, da immer nur schnorrend dabei sein zu können. Ich glaube, das ist tatsächlich der Hauptgrund, dem Ende der Insolvenz entgegenzufiebern. Erst da fühle ich micht wohl wieder wie ein gleichwertiger Teil der Clique, auch wenn man mir dort nie wirklich das Gefühl gibt, weniger wert zu sein.

Hmm, ich dachte eigentlich, ich würde viel mehr jammern in diesem Beitrag. Da ist noch so viel in meinem Kopf, das ich aber gerade irgendwie nicht ausformulieren möchte. Also hab ich im Jammern über Füße, die Gesellschaft und über zu wenig Geld und verpasste Konzerte und meinen Psycho-Hau gejammert. Das geht doch eigentlich noch, oder?

Ich versuche, jetzt aber positiv nach vorn zu schauen. Ich möchte mit meinem großartigen nextpit-Team dieses Jahr Großes vollbringen und den Podcast wieder nach vorn bringen (gilt natürlich ebenso für meinen mit Ohst 2023 gestarteten „Stories of Old“-Podcast, für den ich noch eine Folge abliefern muss. Immerhin ein paar Konzerte von DM möchte ich auch sehen, will gerne zur 80er-Party nach Gelsenkirchen im März, aber auch Forced to Mode, Empathy Test und hoffentlich noch viele mehr live sehen.

Außerdem freue ich mich auf diesen neuen Abschnitt, den mir Palle mit der neuen Bude eröffnet. Ich kann bestimmt Teile meiner Depression allein schon dadurch hinter mich lassen. Nie wieder an diesen Briefkasten müssen und mich in dieser Bude tot stellen, wenn es an der Tür klingelt, nie wieder in den vier Wänden leben, in der ich zum Dauer-Single wurde und in der ich so viel geheult habe und in der ich kiloweise ungeöffnete Rechnungen, Mahnungen und noch unschönere Post stapelte.

Geht alles gut, erzähle ich euch in ziemlich genau zwölf Monaten also von einem Jahr, in dem ich Gewicht verlor, eine schöne neue Wohnung einrichtete, Konzerte mit Freunden erlebte, erfolgreiche Podcasts und Artikel veröffentlichte und hoffentlich noch einigem mehr. Düster sieht es hingegen gesellschaftlich aus. Da werden wir alle gemeinsam kämpfen müssen, dass nicht die falsche Seite mit ihrer Polemik und ihren falschen Vorstellungen gewinnt. Wir müssen hoffen, dass die AfD keine Landtagswahlen gewinnt, Trump in den Bau geht und dass die Ampel hält, weil jede abbildbare Alternative keine wirkliche ist. Wenn wir auf diesem Weg ein Stückchen nach vorn kommen in 2024, dann kann es ein gutes Jahr werden, oder?

Lieben Dank fürs Lesen dieses wenig sortierten, etwas zu Fuß-lastigen Artikels, der zudem natürlich auch wieder einmal zu lang geworden ist. Bleibt mir nur noch zu sagen, dass ich auch euch allen ein unglaublich schönes Jahr 2024 wünsche, das hoffentlich nur positive Überraschungen für euch bereithält. Ein Jahr, indem auch ihr eure Ziele erreicht, vielleicht neue Lieben findet oder alte Lieben souverän durch wildes Wasser manövriert. Ein Jahr, das euch die Chance gibt, euren Leidenschaften nachzugehen, egal ob es Konzerte und Musik generell sind oder irgendwas anderes. Wir lesen uns, ihr Lieben!

PS: Das Artikelbild ist Schuld daran, dass ich den Beitrag erst nach Mitternacht, also am 2. Januar veröffentliche. Ich konnte mich nicht entscheiden einfach ^^ Ich wollte halt gerne irgendein random Bild von einem meiner Trips, weil ich auch darauf hoffe, 2024 vielleicht wieder ein bisschen was von der Welt sehen zu können. In diesem Fall handelt es sich um ein Bild aus Marokko. Wir waren in Marrakesch vor einigen Jahren und wurden zu einer Ballonfahrt eingeladen. Das Bild entstand in der Wüste nordöstlich von Marrakesch, kurz bevor wir unseren Ballon besteigen durften.

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