Die gespaltene Gesellschaft!
Freiheit! So ein kleines Wort für so eine große Sache. Ich wäre auch gern frei! Würde gerne mit 200 Sachen über die Autobahn ballern. Aber man lässt mich nicht. Wir leben nun mal in einer Verbotsgesellschaft, die mir vorschreiben kann, was ich darf und was nicht.
Aber nein, nur weil mir ein Dokument fehlt, darf ich es nicht. Dabei wäre ich sicher ein besserer Fahrer als die unzähligen Luschen, die auf den Straßen unterwegs sind. Könnte ich einen Führerschein machen? Klar, wieso auch nicht? Aber ich fühle mich nicht ganz wohl dabei. Möglicherweise zieht mich so ein Fahrlehrer über den Tisch und knöpft mir zu viel Kohle ab. Vielleicht kann man mich über den Führerschein irgendwie tracken und erfährt zu viel über mich. Vielleicht lässt man mich auch absichtlich durchfallen, weil ich unangenehme Wahrheiten ausspreche und das in diesem Land nicht mehr erwünscht ist! Ich will auch partout nicht einsehen, dass ein dummes Kärtchen im Portemonnaie darüber entscheiden soll, ob ich ein Auto fahren kann oder nicht.
Ja, es gibt jede Menge Gründe, die für einen Führerschein sprechen. Aber irgendwie habe ich ein ungutes Gefühl dabei und ich hab mir meine Meinung dazu gebildet. Basta! Verstehe ich sowieso nicht, wieso man in diesem Land nicht mal mehr seine Meinung sagen darf, nur weil sie jemandem nicht in den Kram passt. Wenn das mit dem Führerschein so eine super Idee ist: Wieso sterben dann jedes Jahr Tausende auf den Straßen? Mit Führerschein!! Es scheint also so, dass die Straßen trotz Führerschein nicht sicher sind. Also könnte man auch jeden Menschen in diesem Land so fahren lassen, wie er will – eigenverantwortlich! Schlimmer wird es dadurch ja scheinbar nicht.
Super Argumentation, oder? Lese ich jeden Tag genau so, diesen Unsinn. Nicht einmal oder zweimal, ich lese es hundertfach. Täglich! Nicht mit einem Führerschein natürlich, ist klar. Ich höre es von Leuten, die gegen das Impfen sind. Gegen Lockdowns sind sie aber auch. Und gegen die Politik. Eigentlich sind diese Leute gegen alles. Außer gegen Tests natürlich. Sie sind für Tests, weil – das behaupten sie – diese so viel sicherer sind als Impfungen oder andere Coronamaßnahmen. Früher waren sie auch gegen Tests, wollten sich da nicht irgendwelche Stäbchen in die Nase „rammen lassen“, aber man ist ja flexibel. Ausgerechnet die wollen uns jetzt weismachen, dass sie diejenigen wären, die sich regelmäßig testen lassen wollen. Wichtig ist jedenfalls, dass man gegen irgendwas ist. Irgendwas, was einem vermeintlich die eigene Freiheit nimmt. Verdammte Radwege und Lastenräder, Tempolimits, Gender-Gaga, militante Veganer, Geflüchtete – es gibt ja so schrecklich Vieles, was uns unserer Freiheit brutal beraubt.
Freiheit also. Denn für Freiheit sind wir ja schließlich alle, oder? Und diese Menschen, die sich mit Händen und Füßen gegen Impfungen und Politiker und Schlafschafe wehren, wissen, wer uns die Freiheit nimmt. Es ist nicht das Virus, es sind „die da oben„. Mal wieder. Mir platzt irgendwann der Arsch, wenn ich noch mehr von all dieser Dummheit lesen muss. Hanebüchene Möchtegern-Argumente gegen das Impfen und selbstverliebte „Ich hab es doch immer gesagt“-Ergüsse in unendlich vielen Kommentarspalten.
Leben ist lebensgefährlich!
Ich raff es nicht. Ich raff es wirklich nicht. Wir fressen antibiotikagestählte Hühner für drei Euro das Pfund, haben uns noch nie den Beipackzettel einer Kopfschmerztablette angeschaut und vergiften unsere Körper mit so großen Mengen Alkohol, dass wir uns übergeben müssen und den ganzen nächsten Tag mit Kopfschmerzen auf der Couch liegen und zu nichts in der Lage sind.
Wir nehmen jede Woche fünf Gramm Mikroplastik zu uns – das ist ungefähr so viel wie eine Kreditkarte. Jede fucking Woche! Die Luft in unseren Städten ist feinstaubgeschwängert. Und wir fliegen durch die ganze Welt. Mit riesigen Ungetümen, die 500 Tonnen wiegen und erstaunlicherweise dennoch abheben. Oder hinterfragen die aufgeweckten Systemkritiker auch Flugzeuge mit der gleichen Akribie wie Impfstoffe? Das sind immerhin Maschinen, von denen keine Sau weiß, wie gut und zuverlässig sie tatsächlich gewartet werden. All das nehmen wir schulterzuckend zur Kenntnis. Ach, besser noch: Die Schultern zucken nicht einmal, weil wir gar nicht erst darüber nachdenken, was wir da tun.
Wir nehmen das alle so hin (nein, natürlich nicht alle. Ich will das nicht pauschalisieren. Aber viele von uns). Wir lassen uns von Ärzten aufschneiden. Mal lassen wir uns ein Geschwür oder den Blinddarm rausnehmen, mal lassen wir uns Silikon reinstopfen. Wir lassen also jede Menge mit unserem Körper machen, gehen jede Menge Risiken ein, stopfen uns mit vielerlei Gift voll. Aber was ist die Gefahr, die wir ausmachen? Genau, eine Impfung! Eine scheißnormale Impfung. Und nicht irgendeine. Es ist die Impfung gegen Covid-19, die mittlerweile milliardenfach (!) verimpft wurde und wir daher so viele Informationen darüber gewinnen konnten, wie niemals zuvor über einen Impfstoff.
Nie wussten wir also genauer darüber Bescheid, was wir da unserem Körper zuführen, welche Effekte das haben kann – und welche nicht. Aber dennoch gehen wir auf die Barrikaden. Ja, ich weiß, ich schreib die ganze Zeit „wir“, aber mich selbst meine ich damit ja nicht. Doch, schon – das mit den Giftstoffen in Alkohol, Feinstaub, usw gilt auch für mich. Aber ich verweigere mich natürlich nicht der Impfspritze. So, wie die meisten von Euch ebenfalls nicht.
Ich bin mir also dessen schon bewusst, dass – gerade in meiner Bubble – dieses „wir“ die Falschen trifft. Aber dennoch gibt es eben viel zu viele von denen, die eine Abneigung gegen diese Impfung entwickelt haben, die rational nicht zu erklären ist. Ich habe hier jetzt auch keinen Bock mehr, nochmal all diese Links zusammenzutragen, die darüber informieren, wie die Impfung läuft, was der Impfstoff im Körper macht, oder wieso es möglich ist, dass der Impfstoff so schnell zur Verfügung stand.
Lediglich einen Link zu einem schönen Text von Sascha Lobo lasse ich Euch hier. Und mit „Euch“ meine ich in diesem Fall diejenigen, die keine Querdenker sind und dennoch skeptisch sind bezüglich der Impfung. Die einfach noch ein paar Fragen haben und sich unsicher fühlen. Lest es bitte möglichst unvoreingenommen!
Worauf ich hinauswill? Leben ist verdammt lebensgefährlich! Hinter jedem Bissen, den wir uns einverleiben, jeder Straße, die wir überqueren und jeder Entscheidung, die wir treffen, kann Gevatter Tod lauern. Diejenigen, die gerade über die Sicherheit des Impfstoffs spekulieren und sich mit der Begründung „wir wissen darüber zu wenig“ herausreden, sollen mir bitte erklären, wie sie in den letzten Jahrzehnten mit dieser Denkweise irgendein Nahrungsmittel oder irgendein Medikament konsumieren konnten. Ich möchte wetten, dass die meisten, die so denken, zugeben müssen, hier irgendwie mit zweierlei Maß zu messen.
Das (Impfpf-)Licht am Ende des Tunnels und die ständigen 15 Prozent
Immer wieder ist derzeit von den „15 Prozent“ die Rede. Diejenigen, die einfach dagegen sind. Aktuell wird von 90 Prozent Geimpften gesprochen, damit man ab da das Virus einfach durchlaufen lassen kann. Das wird schwierig, wenn es tatsächlich so ist, dass 15 Prozent einfach dagegen sein werden, die für ihr „dagegen“ auch keine nachvollziehbaren Argumente benötigen.
Kein Wunder also, dass Viele in der Impfpflicht die Rettung für unsere Lage sehen, quasi das (Impfpf-)Licht am Ende des Tunnels. Lange Zeit war ich auch dafür, dass man diesen Schritt jetzt geht. Aber ich hab mich noch einmal umentschieden, glaube ich. Aktuell bin ich tendenziell eher bei einem deutlichen: „Ich hab keinen Schimmer, ich kann das nicht einschätzen, ob die Impfpflicht eine gute oder eine schlechte Idee ist„.
Gestern Abend sprach Lauterbach bei Lanz davon, dass ein Impfregister für diese Impfpflicht gar nicht notwendig wäre. Das wäre ein fetter Punkt für besagte Pflicht, weil ich aktuell glaube, dass es so viele bürokratische und sonstige Hürden gibt, die es schwer machen, all das umzusetzen. Bräuchte man das Register nicht, wäre es jedenfalls deutlich einfacher. Außerdem denke ich, dass es ein bequemer Ausweg sein könnte für Impfgegner, die sich in ihrer Meinung ein wenig verrannt haben und so aus der Nummer rauskämen: „Ich wollte mich ja nicht impfen lassen, aber ich musste ja …„
Auf der anderen Seite melden sich aber auch Menschen zu Wort, die meinen, dass trotzige Impfgegner auf so eine Impfpflicht mit noch mehr Trotz reagieren würden. Da wären wir dann wieder bei den 15 Prozent, die einfach dagegen sein wollen. Es ist ja so herrlich einfach, dagegen zu sein. Ich schrieb es weiter oben schon: Sollte es einen Knall geben und Corona wäre spurlos verschwunden, würden sich diese 15 Prozent nur kurz schütteln und dann ginge es weiter mit der nächsten Geschichte, bei der man entschlossen dagegen sein dürfte. Klima, Gender-Debatte, Geflüchtete – you name it.
Unsere Aufgabe wird es künftig sein, mit diesen 15 Prozent umzugehen. Unentschiedene davon abzuhalten, zu diesen 15 Prozent abzudriften. Im öffentlichen Diskurs dafür zu sorgen, dass es nicht zu einer False Balance durch diese 15 Prozent kommt. Wir reden ja aktuell so viel von der gespaltenen Gesellschaft. In unserer Gesellschaft wirft ja auch quasi jede Gruppe einer anderen vor, zu hetzen und die Gesellschaft zu spalten, es ist ein heilloses Durcheinander. Genau deswegen sollten wir uns vor Augen führen, dass die Gesellschaft lange, lange nicht so gespalten ist, wie es teilweise suggeriert wird. Tatsächlich sieht es aber wohl eher aus wie auf folgendem Bild:
So ähnlich stelle ich es mir tatsächlich auch vor. Es gibt eine Spaltung, definitiv. Das ist aber auch okay so. Wir sind ein freies Land und eine fucking Demokratie – da leben nun mal Menschen miteinander, die nicht der selben Meinung sind und kommen damit zurecht. Da sind aber auch Menschen, die sind für die Gesellschaft und den Diskurs einfach verloren. Aber ich glaube nicht, dass das wirklich auf jeden „Spaziergänger“ zutrifft, der da montags auf die Straße geht. Ich will auch nicht wahrhaben, dass es tatsächlich 15 Prozent sein sollen, die unwiederbringlich für jede Diskussion verloren sind. Vielleicht ist das aktuell so, aber irgendwie muss man die doch mit Argumenten wieder ins Boot holen können.
Das ist zumindest mein naiver Traum, dass wir irgendwann mal wieder an einen Punkt kommen, an dem der Löwenanteil des Volkes tatsächlich wieder empfänglich für fundierte, richtige Argumente ist und fähig ist, zwischen verschiedenen Sichtweisen abzuwägen. Aktuell ist es oft schwierig zu diskutieren, weil es oft genug nur noch Sender auf beiden Seiten gibt und keine Empfänger mehr. Aber das müssen wir echt lernen. Und dieses Mal meint „wir“ wirklich uns alle, weil wir in dieser Disziplin fast alle noch richtig scheiße sind.
Ich sehe da schon wieder weitere Blogbeiträge auf mich zukommen. Artikel, in denen ich über Ambiguitätstoleranz rede und diese von uns allen verstärkt einfordere. Oder Artikel darüber, die an die „Spaziergänger“ adressiert sind und in denen ich fragen möchte, ob sie diesen „Frieden, Freiheit“-Scheiß wirklich glauben, den sie da rufen – oder besser gesagt: Ob sie tatsächlich irgendein schlüssiges Indiz erbringen können für die These, dass wir nicht in Frieden und Freiheit leben im Deutschland des Jahres 2022.
Und schließlich will ich vielleicht auch mal darüber reden, dass wir uns von „denen“ nicht die Sprache stehlen lassen sollten. Mich nervt es schon, dass Worte wie „Gutmensch“ oder „woke“ als Schimpfworte verwendet werden und der eigentlich schöne Begriff „Querdenker“ gesellschaftlich fast ebenso verbrannt ist wie die Flagge in Schwarz-Rot-Gold. Und ganz sicher möchte ich mir von diesen Schwachköpfen nicht das Wort „Spazierengehen“ wegnehmen lassen, ganz unabhängig davon, dass es natürlich eine unanständige Verharmlosung dessen ist, was die Menschen da tatsächlich auf den Straßen treiben.
… vielleicht werde ich aber auch als Nächstes erst einmal wieder über ganz andere Dinge schreiben. Über meine Reisen und Erlebnisse in der Ferne. Oder über meine Freunde… Oder über Musik … Irgendwas, was meinem Kopf dabei hilft, ein wenig abzuschalten und kurz zu verdrängen, dass da draußen die 15 Prozent lauern.
PS: Das Artikelbild hat wieder einmal herrlich wenig mit dem Text zu tun. Ich mag es einfach. Ist ein Foto aus dem Westpark, geknipst letztes Jahr …
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