Musik

Song der Woche (12): David Bowie – Ashes to Ashes

Ich bin so eine unfassbare Pfeife! Es war nicht wirklich ein guter Vorsatz fürs neue Jahr, aber eigentlich war ich doch irgendwie guter Dinge, dass ich in diesem neuen Jahr dafür sorgen kann, dass der „Song der Woche“ tatsächlich ein Song der Woche wird und nicht der Song des Quartals, wie es im letzten Jahr war. Sollte bedeuten, dass ich in diesem Jahr klar über die 60-Songs-Marke komme in dieser Rubrik. Aber was soll ich sagen: Es ist Sonntagnacht, kurz nach Mitternacht und damit ist die erste Woche des neues Jahres vorbei und dieser Artikel kommt also auch verspätet.

Am 8. Januar hätte David Bowie seinen 75. Geburtstag gefeiert, also auch diesen Termin habe ich verpasst. Übrigens verbrachte ich Stunden seines Geburtstags damit, mich durch Dortmund zu quälen, von Postamt zu Postamt zu stromern in der Hoffnung, einen Ersttagsbrief oder einfach nur so einige der David-Bowie-Sondermarken zu ergattern.

Das klappte leider nicht, ebenso wie online war bereits alles ausverkauft. Eine Filiale verwies mich übrigens an die Kollegen in Waltrop. Zu dem Zeitpunkt war die Filiale dort zwar bereits geschlossen, aber ich sollte es ruhig Montag mal dort probieren, empfahl man mir. Nach Waltrop ist es zwar in Kilometern eigentlich nicht weit, aber der Ritt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ist sowohl umständlich als auch zu lang, als dass man sowas vor der Arbeit erledigen könnte. Sollte hier zufällig jemand aus Waltrop mitlesen und in eine der dortigen Postfilialen reinschneien können (ich weiß nicht einmal, welche es wäre) – unendliche Dankbarkeit wäre Dir gewiss, solltest Du mir ein Briefchen mit zehn Bowie-Marken an Land ziehen können, lieber Waltroper. 😉

Wo war ich stehengeblieben? Ach ja, David Bowie, 75. Geburtstag. Seit einigen Minuten ist der zehnte Januar und somit bin ich immerhin pünktlich, um am Todestag dieses Ausnahmekünstlers diesen Beitrag endlich zu schreiben. Sechs Jahre ist er nun schon tot!

Falls Ihr die Headline völlig übersehen habt und es Euch auch bis hierhin nicht zusammenreimen konntet: Jau, nachdem ich schon Heroes einen Artikel widmete, nutze ich diese „Bowie-Zeit“ Anfang Januar, um eine weitere Perle zu ehren, die mich seit vielen Jahrzehnten begleitet: Ashes to Ashes aus dem Jahr 1980!

Macht’s gut, Siebziger – Hallo, Achtziger!

Im oben erwähnten Artikel spreche ich auch schon an, dass sein Achtziger-Überhit „Let’s Dance“, der trotz des riesigen kommerziellen Erfolgs (oder gerade deswegen?) bei so manchem Fan und Musikkritiker keinen guten Ruf genießt, vermeintlich der erste Song war, den ich von Bowie kannte. Vermeintlich deswegen, weil mir später klar wurde, dass ich auch vorher schon Musik dieses Briten kannte, die ich ihm nur als Kind nicht zuordnen konnte.

Ich könnte heute nicht mehr soweit in meine Erinnerungen abtauchen, um herauszufinden, ob seine Siebziger-Klassiker wie Space Oddity zu diesen mir unterbewusst bekannten Songs gehörten. Was ich aber mit ziemlicher Sicherheit weiß: Ashes to Ashes war der erste Track aus Bowies Feder, den ich bewusst wahrnahm – auch, wenn ich damals im zarten Alter von neun Jahren zugegebenermaßen keinen blassen Schimmer hatte, wer David Bowie ist.

Vermutlich habe ich schon viel zu oft davon erzählt, dass ich bereits ab 1979 Stunde um Stunde vorm Radio verbrachte und so waren mir auch in diesem noch jungen Alter alle Charterfolge geläufig, zumindest vom Hören.

Alles, was man über den Song sagen könnte – dass Bowie Major Tom ein weiteres Mal einen Song widmet, dass er ihn aber nur als Bild für einen Drogensüchtigen verwendet, dass Bowie sich in dieser Zeit wieder einmal einem ganz neuen Sound zuwandte – war mir natürlich auch damals noch nicht bewusst.

David und die Blitz Kids

Was ich aber wusste: Dass ich diesen Song direkt vom ersten Hören toll fand und mich bis zum heutigen Tage dieser wunderschöne Synth zum Ende des Lieds jedes Mal wieder in so eine merkwürdige Melancholie und auch Nostalgie hüllt. Definitiv war es auch das Jahr 1980, als ich meine Liebe für diese moderne Synthpop-Musik entdeckte. Nicht unschuldig daran ist übrigens auch Steve Strange, der damals mit „Fade to Grey“ einen Superhit landete.

Wer das Video von Ashes to Ashes kennt, weiß auch, dass es mindestens eine Verbindung zwischen Steve und David gab – er spielt dort nämlich mit, zusammen mit drei weiteren sogenannten „Blitz Kids“. Damit war das Volk gemeint, was damals im Londoner Bitz Club in Covent Garden feierte. Der Punk-Hype flaute Ende der Siebziger ab und etwas Neues musste her. Steve Strange organisierte Partys in besagtem Club: Einmal die Woche gab es Bowie- und „Roxy Music“-Nächte, später dann waren die New-Romantic-Bands, aber auch Synthpopper wie Depeche Mode der Soundtrack dieser Partynächte.

Es gab damals einen riesigen Hype in London um diese Party und Steve Strange persönlich entschied, wer rein durfte und wer nicht. Je ausgefallener jedoch der Look war, desto größer auch die Chance, dass man die heiligen Hallen bzw. den Laden betreten durfte. Neben Strange rannte dort alles rum, was in London von sich glaubte, am Puls der Zeit zu sein. Boy George, Adam Ant, die Jungs von Spandau Ballet und viele mehr gaben sich dort die Klinke in die Hand.

Und eines schönen Tages marschierte auch ein gewisser David Bowie dort vorbei – es muss für die Blitz Kids gewesen sein, als trete Gott persönlich zu ihnen hinab. Es wurde in einem Separee gebechert und Bowie und sein Gefolge verrieten Strange, was der Plan war: Er brauchte für seinen neuen Song bzw. fürs Musikvideo vier Personen in besonders tollen Outfits.

Neben Steve Strange wurden drei weitere Personen ausgewählt, als Bezahlung gab es immerhin 50 britische Pfund. Boy George fiel übrigens bei Bowies kleinem Casting durch – der Look passte an dem Abend einfach nicht. Lasst mich wissen, ob ich hier mal so generell was schreiben sollte zu den Blitz Kids, das Thema ist jedenfalls ein Spannendes – immerhin ist der ganze New-Romantic-Trend, von dem sich Depeche Mode ganz schnell abwendeten, in diesem Club losgetreten worden. Aber genug gequatscht, lasst uns das Video schauen, welches für die damalige Zeit ebenfalls künstlerische Maßstäbe setzte:

Ich verlinke Euch unten übrigens noch ein ganz interessantes Video, in welchem Produzent Tony Visconti sich zu dem ikonischen Klavier-Sound äußert, der so eigentlich gar nicht geplant war. Mich persönlich reizt das immer ungemein, mir solche Storys anzuhören, die uns mehr darüber verraten, wie ein besonderes Lied entstanden ist.

Ich schrieb es weiter oben schon: Worum es im Text geht, erschloss sich mir erst Jahre später und auch dann erst konnte ich die Verbindung zwischen Ashes to Ashes und Space Oddity erkennen. Musikalisch ist es für mich jedenfalls einer der Tracks, der für mich die Achtziger Jahre mit eingeläutet hat und damit das musikalische Jahrzehnt, welches mich bis heute prägt und dem ich auch auf ewig verfallen sein werde.

Wenn ich oben von Melancholie sprach, die mich beim Hören erfasst, dann ist das heute auch immer mit einer Wehmut kombiniert, weil ich so viel dafür geben würde, noch ein einziges Mal einen Tag in dieser Zeit verbringen zu können. Am Besten mit dem Wissen von heute und all den Erfahrungen, die man über die Jahrzehnte gesammelt hat. Ashes to Ashes ist jedenfalls für mich einer dieser Songs, der mich zumindest in meinem Kopf wieder auf die Reise in die Achtziger schickt. Mittlerweile ist es halb zwei Uhr morgens und ich glaube, ich werde jetzt mal lieber pennen gehen und wer weiß: Vielleicht entführt mich ein Traum in die Achtziger und vielleicht sogar in den Blitz Club. Das wäre doch mal was.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert