Hoffentlich wird es nie wieder so wie früher
Früher war alles besser. Diesen Satz hört man oft und häufig wird er leichtfertig so dahingesagt. Pauschale Aussagen sind mir sowieso schon zuwider, aber ich halte es da mit Jochen Malmsheimer, der einst sagte: „Früher war nichts besser. Früher war vieles früher, das ist richtig“.
Auch, wenn der gute Mann lediglich über ein Wurstbrot redet, sollten wir es ebenfalls so sehen, dass früher eben nicht alles besser war. Oder findet ihr es nicht auch super, dass dunkelhäutige Menschen heute nicht mehr in Zoos ausgestellt werden, Frauen nicht mehr hinter den Herd gehören und sogar arbeiten und wählen gehen dürfen, Rothaarige so gut wie gar nicht mehr als Hexe verbrannt werden und Homosexuelle heiraten dürfen? Seht ihr, es gibt nur wenige tatsächliche Gründe für Retropien, wenn ihr mich fragt.
Genau das sind aber Gedanken, die oftmals von Menschen formuliert werden, die entweder Populisten sind — oder die Populisten auf den Leim gehen. Genderwahn, zu viele Geflüchtete im Land, zu viel Abhängigkeit von TV und Smartphone und all das. Wenn man die Gegenwart nicht mehr so richtig nachvollziehen kann, sehnt man sich leichter schon mal zurück in die „gute, alte Zeit“, in der die Dinge irgendwie geordneter und nachvollziehbarer abliefen.
Ich kann die Grundidee dahinter zwar begreifen, finde sie aber falsch. Auch meine Eltern lebten in einer Welt, die von deren Eltern wiederum kaum noch verstanden wurde — ich glaube, das ist der Lauf der Zeit und das wird auch immer so bleiben, dass sich die Dinge verändern und es immer auch Menschen gibt, die sich nach dem Gewohnten zurücksehnen.
Gerade aktuell glaube ich, da auch einen regelrechten Trend zu erkennen. Vor allem in der Politik wird sehr viel Wert darauf gelegt, dem Volk einen Weg aufzuzeigen, der als der erstrebenswerteste dargestellt wird, wenn es nämlich um die derzeitige Pandemie geht. Die Situation, in der wir derzeit leben, ist keine schöne — da sind wir uns wohl hoffentlich alle einig und darüber schrieb ich ja auch gestern.
Niemand möchte, dass wir nie wieder Konzerte und Parties so erleben, wie wir sie immer erlebt haben: In großen Menschenmengen, die dicht beieinander stehen und singen und tanzen und schwitzen und lachen und glücklich sind. Niemand möchte auch ewig Masken tragen, Supermärkte nur mit Korb oder Einkaufswagen betreten dürfen und auf Reisen verzichten müssen. Der Schluss, dass hoffentlich alles wieder so wird wie davor, ist dennoch ein ebenso falscher wie gefährlicher.
Weil wir nämlich dummerweise noch viel mehr Probleme zu lösen haben als „nur“ diese Pandemie. Worauf ich hinauswill? Werft einen Blick auf die Karikatur des Künstlers Graeme MacKay (schaut euch unbedingt seine Seite an), dann wisst ihr, was ich meine:
Wir sehen im Bild eine Stadt, auf die diese riesige Welle namens „Covid-19“ zurauscht. Wir sehen aber eben auch, dass noch größere Wellen folgen, nämlich die Rezession und danach, noch viel gigantischer: Der Klimawandel! (übrigens hat er diesen Cartoon nochmal aktualisiert und um eine riesige Welle namens „Biodiversität“ erweitert!)
Ich sprach ja neulich schon mal davon, dass ich mich auf diesem Blog auch den Themen Umwelt und Nachhaltigkeit widmen möchte. Konkreter erwähnte ich in meinem Maja-Göpel-Beitrag, dass sich Dinge ändern müssen und genau deswegen darf die Maxime nicht sein, dass wir zum Zustand vor der Pandemie zurückkehren wollen.
Wir leben auf einem Planeten, auf dem sich Leben deswegen entwickelt, weil wir das verdammte Glück haben, dass sich im richtigen Abstand eine Sonne befindet. Mit ziemlicher Sicherheit gibt es viele weitere Konstellationen dieser Art in den unendlichen Weiten des Alls. Verglichen mit all den Sternen und Planeten, die wir bereits aus der Ferne betrachten können, grenzt es dennoch fast an ein Wunder, dass all diese lebenswichtigen Komponenten auf der Erde zusammengekommen sind.
Ich erwähne die Sonne deswegen, weil wir zwar zunehmend mehr auch auf Solarenergie setzen, aber eigentlich so viel mehr von ihr profitieren könnten. Wenn ihr mögt, schaut in diese Clips rein, in denen es um das mächtige Solarkraftwerk „Noor“ (arabisch für „Licht“) geht:
Gerade habe ich eine Doku über außerirdische Welten geschaut, in der auch dieses Solarkraftwerk zu sehen ist und in der ein paar unglaubliche Fakten zur Sonnenenergie genannt wurden, die mir in dieser Klarheit einfach nicht bekannt waren:
Stündlich treffen demnach etwa 430 Trillionen Joule Sonnenenergie auf die Erde. Das entspricht der Energie von 2.000 Hiroshima-Bomben pro Sekunde! Die Menschheit verbraucht aber etwa 410 Trillionen Joule — pro Jahr! Im Klartext: Die Sonne verballert stündlich mehr Energie, als die komplette Menschheit im ganzen Jahr benötigt!
Mit diesem Beitrag hier möchte ich euch schon mal androhen, dass ich mich öfter diesen Themen zuwenden möchte. Das mag für euch mit der Pandemie oder dem eingangs beschriebenen „früher war alles besser“ nichts zu tun haben, aber genau darum soll es in diesen Artikeln gehen. Schaut nämlich drauf, wie die Welt und wie auch Deutschland mit der Pandemie umgeht. Was für Kraftanstrengungen tatsächlich unternommen werden können, wenn wir keine andere Wahl haben.
Der Klimawandel, der Verbrauch von Ressourcen, die drohende Überbevölkerung — all das sind noch eklatantere Problemen, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen. Aber die Folgen des Klimawandels sehen wir hierzulande eben oftmals nicht so in dieser grausamen Klarheit, wie wir beispielsweise die Bilder aus Bergamo im Frühling gesehen haben, als unzählige Särge die Ausmaße der Pandemie in Italien verdeutlichten.
Wenn man es negativ sehen möchte, müssen wir uns an den Kopf packen, dass man in der Pandemie so große Probleme anpacken kann, beim Retten des Planeten aber so jämmerlich schlecht abschneidet. Möchte man es aber ein wenig positiver angehen, können wir die Pandemie als unfassbare Chance begreifen. Wenn wir eh schon die Wirtschaft in großen Teilen an die Wand fahren müssen, dann nutzen wir doch bitte die Gelegenheit, um sie verändert, verbessert wieder an den Start zu schicken.
Beispiel: In Deutschland werden die Braunkohle-Unternehmen RWE und LEAG mit 4,35 Milliarden Euro subventioniert — jährlich! Insgesamt werden in unserem Land jährlich über 37 Milliarden Euro für fossile Brennstoffe verblasen. Gerne wird bei diesem Thema vorgeschoben, dass wir schließlich Arbeitsplätze zu schützen haben. Aktuell sind aber lediglich 20.000 Menschen im Braunkohlebergbau beschäftigt. Würde man diese Leute alle entlassen und jedem als Entschädigung 500.000 Euro überweisen, wären das 10 Milliarden Euro. Jetzt rechnet mal aus, wie viele Milliarden unsere Regierung an Subventionen leistet, bis sie dann 2038 endlich aus der Braunkohle aussteigt!
Wir könnten also eigentlich heute schon diesen Cut machen und diese Unsummen an Subventionen in die Entwicklung von Solarstrom ballern. Erinnert euch an die Zahlen zur Sonnenenergie, die ich oben nannte. Wenn wir nur ein kleines bisschen effizienter werden bei der Nutzung dieser Energie, werden wir uns in zehn oder zwanzig Jahren an die Birne fassen, dass wir jahrzehntelang so blöd sein konnten, Öl, Gas und Kohle zu verbrauchen, als hätten wir noch einen Ersatzplaneten in der Garage.
Wenn wir ähnliche Anstrengungen unternehmen, wie das derzeit angesichts der Corona-Pandemie der Fall ist, können wir so unglaublich viel schneller vorankommen, als das Pariser Klimaschutzabkommen uns glauben lässt. Dazu müssen wir aber eben auch einsehen, dass wir nicht anstreben dürfen, dass alles so wird wie früher. Wir können fossile Brennstoffe verbannen, Innenstädte von Autos befreien und die Städte grüner machen, wir können Massentierhaltung und den Welthunger besiegen und so vieles mehr. Die Gesellschaft und die Menschheit sind nicht so im Eimer, wie es manchmal aussieht. Nein, im Gegenteil: Wir haben unfassbare Chancen, die sich uns nach wie vor bieten, obwohl wir uns jahrzehntelang wie Idioten benommen haben. Wir dürfen nur nicht den Fehler machen, ein Leben wie vor der Pandemie anzustreben. Alles muss anders werden und auch, wenn das oft unheimlich wirkt und viele Menschen dadurch beunruhigt werden — wir können das hinkriegen und diese Veränderung ist nichts böses.
Ich werde so nach und nach mal diese Themenfelder hier beackern — nicht, weil ich euch mit erhobenen Zeigefinger eine Zukunft oder Denkweise aufdrängen möchte, sondern weil mich das unglaublich fasziniert, was alles möglich ist. Wenn ich also über spannende Ansätze und Dokus stolpere, werde ich euch das hier wissen lassen. Das mag nicht so spektakulär sein, wie sich über Querdenker und AfD aufzuregen, aber es ist wichtig — davon bin ich überzeugt.
PS: Ja, natürlich weiß ich, dass ich mich weit aus dem Fenster lehne mit einer Überschrift wie „Hoffentlich wird es nie wieder so wie früher“. Ich weiß, dass Politik und Industrie oft merkwürdige Ziele verfolgen und wir auch vieles an die Wand gefahren haben über die Jahre. Aber ich bewahre mir dennoch diesen etwas naiven Glauben an die Menschheit und dass wir Jahr für Jahr mehr und deutlicher erkennen, was hier alles schiefgelaufen ist. Wegschauen wird immer schwieriger und allein schon deswegen glaube ich, dass es künftig immer einfacher wird, grundlegende Veränderungen herbeizuführen, die zur Folge haben, dass wir uns nicht zurück ins „früher“ sehnen, sondern gespannt in die Zukunft blicken.
Ach, klitzekleine Ergänzung noch: Hier ist der Trailer zur oben erwähnten Doku-Serie „Außerirdische Welten“. Ich finde die Idee generell sehr spannend, wie außerirdisches Leben aussehen könnte, davon ausgehend, dass es bestimmte Muster gibt, die sich immer wiederholen. In dieser Serie zeigt man aber eben nicht nur, wie sich ein Leben auf irgendeinem Planeten entwickelt haben könnte, sondern bezieht sich immer auf Entwicklungen, die wir von der Erde kennen. Dadurch schaut man auf ein Alien-Szenario, lernt aber nebenher auch noch eine Menge über unseren Planeten — ich kann die Serie echt empfehlen 🙂