Politik und Gesellschaft

Corona-Lockdown: Liebe Regierung – bitte mach den ganzen Bums dicht!

Der Freitag ist so gut wie rum und es zeichnet sich ab, dass wir am Wochenende einen harten Lockdown bekommen. Heute waren es fast 30.000 Neuinfizierte — so viele wie nie zuvor in der Pandemie. Dazu knapp 600 Tote, ebenfalls so viele wie nie zuvor in der Pandemie. Dazu erinnere ich nochmal daran, dass wir uns im Gegensatz zum relativ lockeren Sommer im „Lockdown Light“ befinden.

Ich mag nicht pauschal auf alle Leute schimpfen, die noch aus dem Haus gehen, auch wenn sie es nicht zwingend müssen. Ebenso will ich nicht auf Politiker schimpfen, die zuletzt leider auch öfter mal Entscheidungen getroffen haben, die nicht zwingend nachvollziehbar oder sogar recht leicht als kontraproduktiv zu entlarven waren.

Obwohl: Sauer bin ich eigentlich schon auf die Politik. Okay, das sind im Moment anscheinend eh die meisten Bürger. Ich bin aber sauer, weil man in den Lockdown light gegangen ist, in den „Wellenbrecher-Lockdown“. Eigentlich hätte man da direkt schon den ganzen Bums dichtmachen müssen für drei Wochen. Die Kanzlerin muss sich doch verarscht vorkommen, oder? Sie hat schon vor einer Weile viel härtere Maßnahmen gefordert, die Landes-Chefs haben aber lässig abgewunken und jetzt treten sie einer nach dem nächsten vor die Presse und fordern ziemlich energisch, dass man doch unbedingt vor Weihnachten noch in den Lockdown muss. Wieso nicht eher? Wieso nicht konsequenter? Wieso hat man nicht auf die Wissenschaft gehört?

Ein Teil der Antwort auf diese Fragen hat vermutlich mit uns zu tun. Erinnert euch mal, als der sogenannte „Lockdown light“ besprochen wurde, ist ja noch nicht so lange her. Wisst ihr noch, dass da nicht gestritten wurde, ob es den sanften oder harten Lockdown gibt, sondern ob es überhaupt diesen sanften Lockdown geben soll? Sehr, sehr viele waren der Meinung, dass man gar nichts machen müsse, weil es die Zahlen ja nicht hergeben. Weil anscheinend auch nach einem Dreivierteljahr zu viele Blitzbirnen noch keine Idee von exponentiellem Wachstum haben und nicht raffen, dass die Zahlen von heute das Pandemie-Geschehen von vor zwei Wochen widerspiegeln. Was letzteres angeht, können wir uns vermutlich auf die Todeszahlen und die Intensivbettenauslastung in zwei Wochen freuen, wenn heute der Rekord an Neuinfizierten gebrochen wurde.

Ich habe gestern in meinem AfD-Artikel ja ein Video der Kanzlerin gepostet, die verzweifelt ans Plenum — und wohl auch ans Volk — appelliert. Schaut es euch gerne nochmal an und dann überlegt mal selbst, wie viel mehr wir alle in der Lage sind zu leisten. Überlegt euch, wann ihr mit dem Arsch zuhause bleiben könnt — und ja, das schließt Weihnachten mit ein. Total harte Weihnachten, weil ihr einmal nicht mit Family feiern könnt? Denkt daran, dass es Leute gibt, die das jedes Jahr haben und auch überleben irgendwie. Was ist schlimmer? Dass ihr dieses Jahr ohne Eltern oder Großeltern feiern müsst oder dass ihr sie vielleicht an Covid-19 verliert und nie wieder ein Weihnachten oder sonst irgendwas gemeinsam erleben könnt?

Ich hab irgendwann mal für mein altes Blog in einem Beitrag ein Bildnis verwendet von einem Menschen, der einen schweren Autounfall hat. Die Ärzte hatten die Wahl, ob sie ihm ein Bein amputieren, oder ihn sterben lassen. Und der Mann überlebt, hat jetzt noch halb so viele Beine wie vorher und beschimpft alles und jeden, weil sein Leben jetzt so wenig lebenswert ist. Vielleicht wird dieser Mann irgendwann feststellen, dass Leben mit einem Bein deutlich weniger beschissen ist als tot sein mit zwei Beinen.

Und genau das können wir uns jetzt auch überlegen. Das amputierte Bein ist der ganze wirtschaftliche Schaden, der uns aktuell entsteht, das amputierte Bein ist vielleicht die Einsamkeit unterm Weihnachtsbaum und die Familie, die man vermisst. Überlegt euch aber, was die Alternative ist. Erfindet keine Gründe, wieso ihr unbedingt durch die Fußgängerzone flanieren müsst. Nein, ihr allein müsst nicht den lokalen Handel retten. Wir müssen unserer Regierung in den Arsch treten, damit die den Handel rettet. Ihr müsst mit der Kiste zuhause bleiben. Parkt eure Ärsche zwei Wochen vorm Fernseher, glotzt Netflix leer und stützt die Wirtschaft, indem ihr euch Essen rankarren lasst.

Jammert nicht rum, wenn die Kids ein paar Tage früher Ferien haben, auch hier glaube ich, dass die meisten von uns irgendeine Idee entwickeln können, wie man es schafft, dass man Job, Haushalt und Kinderbetreuung in einer Notsituation doch gewuppt bekommt. Wollt ihr tatsächlich den Überlebenden eines Weltkriegs erzählen, dass ihr vor unlösbaren Problemen steht, weil die Kids drei Tage länger zuhause sind als gedacht?

Versteht mich nicht falsch, bitte. Ich schreibe diese Zeilen nicht von meinem lustigen „Ich feiere eh kein Weihnachten“-Sockel und lasse daher auch kein „der hat leicht reden“ gelten. Ich bilde mir ein, ein bisschen Empathie zu besitzen und auch nicht weltfremd zu sein. Ich kann mir vorstellen, dass es eine alleinerziehende Mama gerade schwer hat, wenn sie jetzt plötzlich all das unter einen Hut bekommen muss, wenn Menschen in Kurzarbeit gehen oder gar ihren Job verlieren und wenn dem Handel und der Kulturbranche alles an Umsätzen wegbricht, was wegbrechen kann.

Der Punkt ist aber, dass der Scheiß alternativlos ist. Denkt an den oben erwähnten imaginären Kerl mit dem amputierten Bein. Ihr könnt schimpfen und zetern und mit „Ich lass mir gar nichts verbieten“-Attitüde die Einkaufsstraßen der Nation füllen. Das Bein wird aber so oder so amputiert! Wenn die Zahlen weiter ansteigen, die Intensivbetten nicht mehr ausreichen und noch mehr Menschen sterben, bricht die Wirtschaft eh zusammen. Leute, die krank in häuslicher Quarantäne verbringen oder in Krankenhäuser beatmet werden müssen und Leute, die an Covid-19 sterben, gehen nämlich nicht arbeiten.

Lasst uns also bitte alle mit dem Arsch zuhause bleiben, weil wir uns dazu entschließen — und nicht, weil das Virus in Eigenregie dafür sorgt, dass Läden dichtmachen müssen und Menschen sterben. Es ist im Grunde tatsächlich so einfach — wir müssen alles verhindern, was unnötig ist und wir müssen uns mit allen anderen Kraftanstrengungen irgendwie arrangieren. Das kann für manchen leicht umzusetzen sein, für manche mag es schwieriger sein, für noch andere fast ein Ding der Unmöglichkeit. Aber es geht nicht anders, Freunde! Entscheidet euch bitte für das amputierte Bein — es ist das kleinere Übel.

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