People are People: Damals alles andere als ’nur irgendeine neue Single‘
35 Jahre! Genau so alt wird heute der Song „People are People“ von meinen Helden Depeche Mode. Damit wird einem natürlich auch gleichzeitig erschreckend klar, dass man bereits seit 37 Jahren dieser Band die Treue hält, wobei das Erschreckende daran nicht diese lange Leidenschaft für die Band ist, sondern die Tatsache, dass man so steinalt ist mittlerweile.
Ich hab hier jetzt schon mehrfach dieser Band gehuldigt und bestimmte Songs oder Alben hervorgehoben. Aber das hält mich natürlich nicht davon ab, das für bestimmte weitere Songs ebenfalls zu tun und ich glaube, dass „People are People“ absolut einen eigenen Artikel wert ist. Es gibt mehrere Punkte, an denen mein Leben durch bestimmte Lieder oder Alben der seinerzeit vier Jungs einen anderen Weg eingeschlagen hat. Das gilt auch für diesen Song, aber an diesem Punkt hat sich nicht nur mein Leben geändert — ich glaube, dass diese Nummer auch für die Band selbst einen Wendepunkt darstellte.
Mit „Love in itself“ wurde im September 1983 die letzte Auskopplung aus der „Construction Time Again“ veröffentlicht, ziemlich genau ein halbes Jahr später legten die vier Engländer dann mit „People are People“ bereits den Vorboten des nächsten Albums „Some Great Reward“ vor. Kann man sich heutzutage als Depeche Mode-Fan kaum noch vorstellen, in welcher Frequenz die Jungs da Hit an Hit reihten. Aber bis zur „Music for the Masses“ 1987 hat die Band tatsächlich Jahr für Jahr ein Album vorgelegt, wenn man die Singles-Compilation als Album mitzählt.
Dafür, dass nur relativ wenig Zeit zwischen „Love in itself“ und „People are People“ vergangen war, hat sich das Soundgerüst meiner Synthesizer-Götter doch ziemlich gewandelt. Die Band hatte längst die Sample-Technologie für sich entdeckt und ab 1984 verfeinerten sie ihren Sound in eine sehr industrielle, perkussive Richtung. Das wurde direkt mit der Veröffentlichung von „People are People“ am 12. März 1984 eindrucksvoll klar.
Der Song klang für mich auch auf Anhieb wie nichts anderes jemals zuvor. Depeche Mode klangen sehr hart, sehr ungewöhnlich, ohne, dass sie dabei aber die starken Melodien vernachlässigt hätten, die sie damals auszeichneten. Von mir seit jeher geschätzt: Songs, in denen Martin und Dave unterschiedliche Parts singen und die sich übereinandergelegt perfekt ergänzen. Ich glaube, selten gelang es der Band besser als eben bei „People are People“. Dazu kommt dann auch noch, dass der Text mich von Anfang an gepackt hat. Schon seit „Construction Time Again“ konnte man beobachten, wie die Band in den Songs eben nicht nur die üblichen Gore’schen Themen wie Liebe, Leidenschaft und generell Zwischenmenschliches verarbeiteten, sondern sich immer wieder auch kritisch mit der Welt auseinandersetzten, wie sie sie wahrnahmen.
Durch ihre Welttourneen bekamen sie einen anderen Blick auf unseren Planeten und das äußert sich auch bei „People are People“ mit einem Text, der heute, also 35 Jahre später, noch immer genau so aktuell ist wie am ersten Tag.
Menschen sind Menschen, also warum
Sollten wir nicht miteinander auskommen?Wir haben verschiedene Hautfarben
Und wir haben verschiedene Glauben
Und verschiedene Menschen
haben verschiedene BedürfnisseEs ist offensichtlich, dass du mich hasst
Obwohl ich nichts falsch gemacht habe
Ich habe dich noch nicht mal getroffen
Also was könnte ich Dir getan haben?Ich kann nicht verstehen
Warum ein Mensch
Einen anderen hasst
Hilf mir, das zu verstehen
Da ich ein faules Schwein bin, hab ich mir die deutsche Übersetzung per Copy and Paste von Plaggi bei depechemode.de gemopst. Ehrlich gesagt bin ich nicht mehr so sicher, wie sehr ich mich bis 1983 mit den Songtexten auseinandergesetzt habe. Spätestens mit diesem Song aber brachte mich die Band auf Kurs, was das angeht. Schon vorher gefiel mir, wie Martin Gore in der Lage war, Texte so zu schreiben, dass sie eben nicht so klangen wie zum x-ten Mal gehört.
Spätestens 1984 war dann aber auch der Punkt erreicht, an dem diese Texte für mich eine besondere Bedeutung bekamen und gerade die auf die Gesellschaft abzielenden Lyrics mich in eine bestimmte Richtung lenkten. Wie eine Eisenbahn, die in die richtige Richtung auf die Schienen gesetzt wird und ab diesem Moment einen anderen, richtigeren Weg im Leben einschlägt und in eine vernünftigere Richtung rollt.
Ich glaube, es war auch mit „People are People“ dass ich mich auch für „meine“ Band freute und sogar stolz auf sie war. Zum allerersten Mal in ihrer Geschichte erreichte Depeche Mode mit diesem Lied den Platz 1 der deutschen Charts. Wie besonders das ist, wird spätestens dann klar, wenn man berücksichtigt, dass ihnen dieses Kunststück erst mit „Dream on“ Jahrzehnte später wieder gelingen sollte.
Stolz machte mich aber auch, dass die ARD den Song ausgewählt hat im Rahmen seiner Berichterstattung zu den olympischen Spielen in Los Angeles. Ich erinnere mich noch daran, dass man immer Leute aus Kalifornien sah, die durch die Straßen Los Angeles‘ marschierten und dazu lief eben „People are People“.
Auch für die Band änderte sich durch diese zusätzliche Aufmerksamkeit jede Menge. Schon zum letzten Album hat sich Depeche Mode in den Berliner Hansa Studios blicken lassen, aber 1984 war dann wohl das Jahr, in dem sie endgültig zu Wahl-Berlinern wurden. So gerieten sie besonders in Deutschland mehr in den Fokus der Fans und ich glaube, dass dieses Band zwischen den Jungs und den deutschen Fans seit diesen Tagen ein besonders enges ist.
Ich glaube aber auch, dass die Band ab 1984 erstmals wirklich ein richtig eigenes Profil besaß. Musikalisch stachen sie schon vorher hervor, aber jetzt äußerte sich das auch stilistisch. Gerade Martin Gore wurde in seinen Designs immer extravaganter und damit auch neben David Gahan zum optischen Aushängeschild der Band.
Der Wermutstropfen zum Ende meines Beitrages ist mein Unmut darüber, dass die Band den Song einfach seit Ewigkeiten nicht mehr live zum Besten gibt. Selbst die Band spricht vom größten Hit, den sie nicht mehr spielen. Finde ich äußerst schade, eben weil der Text so topaktuell ist und im Kontext der „Spirit“-Lyrics bei der letzten Tour einfach perfekt ins Konzept gepasst hätte.
Aber sei es drum: Die Band hat eben keinen Bock mehr auf „People are People“ — ich feiere die Nummer aber nach wie vor abgöttisch. Gerade, nachdem ich jetzt wieder ein paar Tage in Berlin verbracht habe, toucht mich dieser Song wieder ganz besonders und deswegen lege ich euch jetzt auch abschließend noch diese kurze Dokumentation über den Song ans Herz. Falls ihr sie noch nicht kennt, bin ich sicher, dass ihr den Bericht ebenso schätzen werdet wie ich. Viel Spaß damit und danke an die Band für diese herausragende Nummer, bei der von Sound über Video bis Lyrics für mich einfach alles perfekt zusammenpasst. Happy Birthday, „People are People“!