… und in Taiwan gehen sie auf Festivals
Ein schwieriges Wochenende geht zu Ende. Schwierig auch deswegen, weil ich es mir selbst immer schwer mache und mir freiwillig viel zu viele Kommentare in den sozialen Medien durchlese, mir zu viele Nachrichten anschaue und zu viele Streams von Right-Wingern in den USA und Querdenkern in Deutschland reinziehe.
Und dann stolpere ich über einen Retweet vom lieben Jens (aka Ginfluencer), bei dem mir die Kinnlade herunterklappte:
This is Ultra Festival in Taiwan right now. Taiwan has had over 200 days without a domestic COVID-19 infection.
Must be nice when your country and people actually care about stopping COVID-19. pic.twitter.com/8nj2hAMsfX
— Farbod Esnaashari (@Farbod_E) November 14, 2020
Auf den ersten Blick dachte ich spontan wieder an das Bild, bei dem man lediglich meint, ein Festival zu sehen, tatsächlich wird dort aber ein Mähdrescher im Einsatz abgebildet. Vermutlich kennt ihr das Bild:
Aber nein, es ist stattdessen so, wie ihr oben im Tweet lesen könnt: Es ist eine Momentaufnahme vom „Road to Ultra“-Festival in Taiwan und ja, das Bild ist von diesem Wochenende. In Taipeh fand nämlich tatsächlich der Taiwan-Ableger der Ultra-Festival-Reihe vor vielen Tausend Besuchern statt, während in Deutschland noch nicht mal eine winzige Kneipe aufmachen darf.
Vielleicht einfach mal mehr zusammenreißen und ein bisschen weniger „querdenken“!
Ja, manchmal bin ich ein bisschen zu sarkastisch und polemisch — so wie jetzt, wenn ich die These raushaue, dass wir in Deutschland ebenfalls längst wieder Konzerte feiern könnten, wenn das Land nicht ständig von „Querdenkern“ unterminiert würde. Könnten wir uns alle einfach mal mehr zusammenreißen und ein bisschen weniger Rebell spielen, weil man ein paar Minuten beim Einkaufen Maske tragen muss, würde die Welt aber vielleicht tatsächlich auch hierzulande ein wenig anders aussehen.
Restaurants, Museen, Kinos und auch Konzert-Locations haben fantastische Konzepte ausgearbeitet, um die Gefahr einer Infektion mit Covid-19 zu minimieren. Beispielsweise hat das Team vom Kulttempel Oberhausen in einem Zirkuszelt fantastische Konzerte ausgerichtet unter Einhaltung aller Hygieneregeln. All das passiert gerade aber nicht, wieso wissen wir alle. Ich will jetzt auch nicht auf die Regierung eindreschen, selbst wenn ich da den ein oder anderen Schritt nicht nachvollziehen kann.
Viel wichtiger ist, dass wir alle tatsächlich sehr viel selbst in der Hand haben, indem wir uns an die Regeln halten und unsere Kontakte so gering wie möglich halten. Dass in Taiwan jetzt Alesso vor einer riesigen Crowd brandneue Songs vorstellen konnte, liegt aber natürlich nicht nur an der Disziplin der Taiwaner. Taiwan hat einschlägige Virus-Erfahrung und ist ein gebranntes Kind. Daher hat man dort dafür gesorgt, dass man im Fall der Fälle schnellstmöglich eingreifen kann. Wenn ihr mehr darüber erfahren wollt: Ich habe bei Mobile Geeks darüber gebloggt. Fakt ist jedenfalls, dass Taiwan seit April keine inländischen Corona-Infizierten mehr hatte (lediglich Menschen, die mit Corona einreisten). Fakt ist übrigens auch, dass Taiwan seine Hilfe angeboten hat, aber wegen Chinas Ein-China-Politik und weltweitem Wegducken vor China weder die UNO noch die WHO diese Hilfe von Taiwan annehmen wollten.
Die Situation in Taiwan aktuell: Kein Lockdown in Taiwan, das normale Leben findet dort längst schon wieder statt und ja, das bedeutet eben auch Eskalieren bei Festivals — etwas, was wir uns hierzulande noch eine Weile verkneifen müssen. Mann, wäre das schön, wenn die Leute, die am lautesten über die Maßnahmen jammern, kapieren würden, dass es genau sie sind, wegen denen die Einschränkungen länger anhalten.