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Die letzte Distanz: Was bleibt, ist Enttäuschung und Wut

Heute ist der siebte Februar und in den sozialen Medien war bis zum Wochenende erstaunlich viel Ruhe eingekehrt, was die Accounts von Micky Beisenherz angeht. Diese Einleitung ist jetzt ein bisschen unfair, weil ich über die unsägliche Folge von „Die letzte Distanz“ sprechen möchte und ausgerechnet mit dem Menschen anfange, der von den Gästen dieser WDR-Sendung derjenige war, der am wenigsten negativ auffiel. Andererseits hat mich seine Rolle in der Show auch am meisten getroffen, somit gleicht sich das vielleicht wieder aus.

Lasst uns flott noch ein paar Randdaten abstecken, falls ihr nicht im Thema seid: „Die letzte Instanz“ ist eine Meinungs-Show im WDR, in der Promis sich zu aktuellen Themen äußern und ihre Meinungen raushauen dürfen (die Folge, um die es geht, ist nach wie vor in der Mediathek zu finden). Das sind jeweils mehrere Themen pro Sendung und reden müssen wir hier heute über die Show, in der Gastgeber Steffen Hallaschka die Gäste Thomas Gottschalk, Janine Kunze, Jürgen Milski und eben Micky Beisenherz u.a. über das Thema „Das Ende der Zigeunersauce: Ist das ein notwendiger Schritt?“ diskutieren ließ.

Wer sich auf Facebook herumtreibt, kennt diese endlosen Kommentarschlachten unter Postings von News-Outlets. Egal, ob Spiegel, Süddeutsche, Tagesspiegel oder sonst wer: Geht es darum, dass bestimmte Bezeichnungen nicht mehr benutzt werden sollen oder auch nur vermeintlich nicht mehr genutzt werden, drehen Stammtisch-Jürgen und Querdenker-Jutta direkt frei. Jürgens und Juttas fühlen sich hoffentlich nicht angegriffen, ich hab mir irgendwelche beliebigen Namen rausgepickt, die man meinem Empfinden nach in der 40+-Abteilung häufiger antrifft als bei – sagen wir – Personen unterhalb der 20.

Da wird sich alle Jahre wieder über Schoko-Weihnachtsmänner gestritten, die angeblich plötzlich nicht mehr so heißen sollen, über Wintermärkte und es wird erst recht bis aufs Blut gekämpft bei Begriffen, die tatsächlich nicht mehr verwendet werden dürfen. Ein Beispiel ist der N***rkönig bei Pippi Langstrumpf, der in neuen Auflagen umbenannt wurde und ein anderes Beispiel ist die vermaledeite Zigeunersauce, die es dann eben auch als Thema in „Die letzte Instanz“ geschafft hat.

Die allerletzte Instanz

Mit diesem Hinweis findet ihr die Sendung in der Mediathek des WDR

Die Gäste habe ich oben schon aufgezählt. Ohne die Sendung gesehen zu haben, konnte man wohl schon vorher festhalten, dass sich kein Thomas Gottschalk, erst recht aber kein Jürgen Milski oder Janine Kunze jemals verdächtig gemacht hätten, im TV zu intellektuell rüberzukommen. Was das angeht, stach für mein Empfinden Micky Beisenherz in dieser Runde positiv heraus. Damit möchte ich den anderen Gästen auch nicht ans Bein pinkeln oder sie für bescheuert erklären. Ihre Heimat ist aber nun mal das seichte Fahrwasser, sag ich mal. Micky hingegen bespielt die ganze Klaviatur von der billigsten Zote über den intelligenten Wortwitz bis zur beißenden Satire und ist zudem in der Lage, sein Tun zu reflektieren und auch verschiedene Standpunkte zu berücksichtigen.

Genau, weil ich diese hohe Meinung von ihm habe, hat es mich erschreckt, ihn in dieser Runde wiederzufinden, die sich jetzt gegenseitig bestätigte irgendwie, dass die Leute ja komplett verrückt geworden sind und jetzt jeden Tag eine andere Sau durchs Dorf treiben. Zigeunersauce? Lächerlich, die sollen sich mal nicht so anstellen. Haben wir doch immer so genannt und uns nie was dabei gedacht. Jau, Leute – eben: Man hat sich nichts dabei gedacht. An der Stelle intervenierte Micky übrigens und erklärte Jürgen Milski, dass „wir haben uns da damals keine Gedanken gemacht“ per se erst mal ja noch kein Wert ist.

An der Stelle dachte ich noch, dass Micky in der Runde nicht die letzte, aber die vernünftige Instanz darstelle. Deshalb war ich umso erstaunter, als er sowohl das Verständnis für das Umschreiben der oben erwähnten Astrid-Lindgren-Geschichten vermissen ließ, als auch bei der Schlussabstimmung einhellig mit Kunze, Milski und Gottschalk der „Paprikasauce ungarischer Art“ die rote Karte zeigte.

Oben erwähnte ich bereits, dass ein paar Tage vergangen sind, seit die beanstandete Sendung ausgestrahlt wurde. Es hat mehrere Gründe, wieso ich jetzt erst ein paar Zeilen dazu aufschreibe. Zum Einen wollte ich nicht über die Protagonisten herziehen, ohne die Sendung selbst gesehen zu haben. Zu oft passiert es, dass Dinge verkürzt dargestellt werden oder aus dem Zusammenhang gerissen werden. Daher wollte ich unbedingt erst sehen, worum es geht und war dementsprechend wirklich von Micky enttäuscht, weil die Kritik tatsächlich leider komplett angemessen ist, die überall zu lesen war. Dass ich damit sachliche Kritik meine und nicht die völlig unangebrachten Beleidigungen gegen sämtliche Teilnehmer der Show, muss ich hoffentlich nicht extra erwähnen.

Ich habe außerdem mit dem Schreiben hier gewartet, weil ich wissen wollte, wie sich die Vier in der Folge zu Wort melden und hier hat sich dann die Enttäuschung eigentlich nur noch manifestiert. Gottschalk schweigt sich aus, Janine und Hallaschka zeigten sich reumütig, wobei die Entschuldigung von Janine Kunze deutlich reflektierter und einsichtiger liest als das Statement Hallaschkas – und auch Micky meldete sich zu Wort, aber das relativ kurz angebunden. Und ganz ehrlich, dieses halbgare und sehr knappe „sorry“ war mir deutlich zu wenig. Allerdings ließ er auch durchblicken, dass er das Freitag im Rahmen seines Podcasts „Apokalypse und Filterkaffee“ aufarbeiten wolle und zwar zusammen mit der Journalistin und Kolumnistin Hatice Akyün. Hier könnt ihr euch die Folge auf Spotify anhören:

Selbst nach dieser Folge war ich nach wie vor enttäuscht und ich glaube, das geht auch nicht einfach so weg. Nicht, weil ich Micky auf ein Podest hebe und ihm keine Fehler zugestehe. Aber weil ich es fatal fand, dass diese Chance unwiederbringlich verloren ist, einem Thomas Gottschalk seine falsche Sicht der Dinge bewusst zu machen und Micky da ein bisschen in Ehrfurcht erstarrt war. Ich weiß nicht, wie ich reagieren würde, säße ich neben einer solchen Ikone, die ich mein Leben lang bewundere und die dann absoluten Schwachsinn redet. Aber ich kann mir einfach nicht denken, dass jemand mit dem Verstand, der Eloquenz und auch dem nötigen Umblick eines Micky Beisenherz nicht die Chuzpe hat, da deutlicher zu intervenieren. Es gibt nicht so viele Chancen im deutschen Fernsehen, den Schlichtmichel-Almans zu erklären, wieso dieses „Darf man jetzt überhaupt nichts mehr sagen“-Stammtisch-Gebolze unterirdisch ist und einen Cringe-Augenblick nach dem nächsten schafft. Wenn man also im TV dazwischenhauen kann, ist es eine vertane Chance und somit dramatisch, das nicht zur Aufklärung zu nutzen.

Bei all dem, was ich speziell jetzt über den nach wie vor von mir hoch verehrten Micky gesagt habe, wollen wir natürlich jetzt auch bloß nicht unter den Teppich kehren, dass er dort ja immer noch die verträglichste Meinung zum Besten gab. Über Milskis „Wir haben da nie drüber nachgedacht“ sprachen wir bereits. Traurig, dass es tatsächlich in 2021 noch Menschen gibt, die glauben, dass man mit dem Satz irgendwas rechtfertigen könne. Dann wäre da noch die Kunze, die ich sonst eigentlich auch schätze und die Rassismus allen Ernstes mit dem Sexismus auf eine Stufe hievte, den sie wegen ihrer blonden Haare und ihrer üppigen Oberweite ertragen müsse. Und Thomas Gottschalk – ja, was soll man da noch groß sagen? Er erzählte seine Blackfacing-Story, weil er auf einer Kostüm-Party in Beverly Hills als Jimi Hendrix auftauchte und sich über den folgenden Shitstorm wunderte, nachdem er das Bild im Netz veröffentlichte.

Dass ihm die Einsicht fehlt, wieso Blackfacing aktuell nicht mehr so richtig super ist, ist die eine Sache. Dass er dann aber auch noch zu erzählen weiß, dass er seit diesem Abend weiß, wie sich ein Schwarzer unter Weißen fühlt, lässt mir gerade direkt wieder den Draht aus der Mütze springen. Gottschalk fühlt sich also kurz mal ein bisschen wie Jana aus Kassel und setzt dann später nochmal einen drauf, als das Thema in die Gender-Richtung abdriftet und er das unsägliche Beispiel der „Salzstreuerin“ bemüht, um seinen Standpunkt klarzumachen. Es enttäuscht mich, dass diese Sendung so aus dem Ruder gelaufen ist und es macht mich wütend, weil es so unnötig geschah. Weil eben dort Menschen saßen, von denen man – zumindest zum Teil – deutlich Besseres gewohnt ist seit vielen Jahren.

Der Unterschied zwischen „Rassist sein“ und „sich rassistisch verhalten“

Wir verhalten uns alle rassistisch. Punkt. Ist kacke, ist aber so. Wenn ich mich gut fühle, dass ich dem Obdachlosen zwei Euro in seinen Becher geworfen habe und einfach ein bisschen zu lang darüber nachdenke, dass es mir einen Karmapunkt mehr einbringen könnte, weil er eine schwarze Haut hat, dann ist das bereits rassistisch. Wenn ihr euch darüber wundert, dass die dunkelhäutige Studentin so akzentfrei Deutsch spricht, oder ihr sie fragt, wo sie denn „wirklich“ herkommt, dann ist das rassistisch.

Natürlich gibt es da Nuancen. Wenn man tatsächlich in einem Gespräch diese Person besser kennenlernen will und sich dann auch angemessen nach eventuellen Wurzeln erkundigt, dann ist das fraglos was anderes, als wenn man eine dunkelhäutige, in Deutschland geborene und lebende Person dazu auffordert, „zurück in ihr Land“ zu gehen. Ich persönlich halte es auch nicht für ein besonderes Drama, diese gelegentlichen rassistischen Ausrutscher zu haben – solange damit auch ein Lerneffekt einhergeht.

Mein Weltbild hat sich in den letzten 20 Jahren deutlich verändert. Auch der fast dreißigjährige Casi hielt sich für reflektiert und wollte niemandem bewusst ans Bein pinkeln. Dennoch habe ich in diesen Jahren dazugelernt und ein Fauxpas, den man sich damals vielleicht noch erlaubt hat, erspart man sich und den anderen heute eben. Das ist der wichtige Punkt, den wir nicht vergessen dürfen: Dass wir uns da gelegentlich vergaloppieren, macht uns nicht zu Rassisten. Man kann durchaus ein reflektierter, weltoffener Bürger dieses Landes sein und dennoch hin und wieder so einen rassistischen Aussetzer haben.

Damit will ich weder pauschal Leute mit sich wiederholenden rassistischen Äußerungen in Schutz nehmen, noch das gutheißen, dass jedem von uns diese verbalen Fehltritte unterlaufen. Ich möchte vielmehr darauf hinaus, dass uns das Chancen gibt, etwas daraus zu lernen und es dann beim nächsten Mal besser zu machen. Man kann sich eben zwischendurch mal wie ein Arschloch benehmen, ohne tatsächlich eins sein zu müssen. Das weiß vielleicht niemand besser als ich, weil ich diese Arschloch-Moves auch hin und wieder an mir feststelle. Aber es geht um die Learnings.

Wir dürfen nicht so arrogant sein zu glauben, dass wir alles wissen und können. Und egal, wie viele Jahre ich auf diesem Planeten noch mein Unwesen treiben werde, ich werde niemals begreifen, wie es sein wird, als Nicht-Weißer diskriminiert zu werden. Genauso wenig, wie ich jemals wissen kann, wie sich ein im Dritten Reich verfolgter Jude gefühlt hat oder ein syrisches Kind, welches seine zerbombte Heimat verlässt, um in einem fremden Land aufzuwachsen. Man kann versuchen, sich reinzufühlen und die Sicht verstehen zu lernen, aber man wird niemals in dieser Haut stecken.

Darauf kommt es an, dass wir das kapieren. Auch, wenn wir eine Million Jahre lang Zigeunerschnitzel gefressen haben, dann sollte es und doch trotzdem möglich sein, diesen Begriff über Bord zu werfen, sobald wir erkennen, dass es Leute gibt, die sich dort aus gutem Grund unwohl mit fühlen. Wenn ich dann so Beispiele höre wie „Die Jäger fühlen sich doch wegen Jägerschnitzeln auch nicht diskriminiert“, bekomme ich das kalte Kotzen, ernsthaft. Auch da hatte Micky übrigens einen starken Moment, als er erklärte, dass er schlicht diesen Aufwand nicht betreiben mag, ein Wort weiter zu benutzen, wenn sich andere daran stören. Den Punkt werde ich auch nie begreifen tatsächlich: Verliert das Schnitzel an Geschmack, wenn es jetzt in „Paprikasauce ungarischer Art“ schwimmt statt in Zigeunersauce?

Wenn man manches mal sieht, mit welcher Verve Leute sich für Begrifflichkeiten in die Schlacht werfen, vermag man zu erahnen, was die Menschheit alles schaffen könnte, würden wir uns bei wirklich wichtigen Themen so engagieren. Hoffe, das wird jetzt aber nicht als „gibt es keine wichtigeren Themen“ missverstanden. Schnitzel sind tatsächlich thematisch nicht höchste Priorität derzeit – Rassismus hingegen sollte es stets sein.

Die andere Seite der Geschichte

Ich möchte diesen Beitrag aber nicht ins weite Internet hinausballern, ohne noch was zu dieser Ausgabe von „Die letzte Instanz“ ergänzt zu haben. Dabei geht es mir um Timing, um Augenhöhe und um Verhältnismäßigkeit. Zunächst mal möchte ich der Vollständigkeit halber noch erwähnt haben, dass die Sendung bereits im November lief, die Ausstrahlung Ende Januar war lediglich die Wiederholung. Wieso die jetzt solche Wellen schlug bzw. wieso diese im November letzten Jahres ausblieben – ich weiß es nicht. Müsste ich raten, würde ich darauf tippen, dass es vielleicht an der großartigen Jasmina lag, die hier als Multiplikator gedient hat mit ihrem Tweet:

Ich will aber noch auf was anderes hinaus. Einmal geht es darum, wie die betroffenen vier Showgäste reagiert haben bzw. zu reagieren haben. Ich schrieb ja oben, dass Micky beispielsweise ein paar Tage lang verhältnismäßig ruhig war. Das „Sorry“ kam recht flott, allerdings wirkte es eher krampfig als aufrichtig. Ich schreibe bewusst, dass es so wirkte, weil ich mir einbilde, ihn gut genug einschätzen zu können, dass ihm diese Show tatsächlich übel im Magen liegt inklusive der Rolle, die er dort gespielt hat. Ich stelle mir das vor wie bei einem Fußballer, der noch stunden- und tagelang nach einer vergebenen Großchance immer wieder diese Szene vor Augen hat und wünschte, den Ball nachträglich noch irgendwie reinzumachen.

Und nein, damit möchte ich natürlich nicht Rassismus auf eine Stufe mit Fußball stellen, falls jemand jetzt vorschnell so einen Zusammenhang konstruieren möchte. Wir müssen auch in dieser schnelllebigen Zeit wieder dahin kommen, dass nicht alles in Echtzeit zu geschehen hat. Wenn Micky daher zeitnah ankündigt, dass er sich Freitag in seinem Podcast zur Thematik äußert, dann muss das halt auch einfach mal reichen, finde ich. Ich bleibe dennoch enttäuscht, weil ich im Podcast den Satz: „Wieso habe ich Arsch nicht einfach die grüne Karte gezeigt, das wäre richtig gewesen“ einfach nicht gehört habe.

Aber wir verlernen zunehmend mehr, einfach mal hinzunehmen, dass sich jemand kacke verhalten hat. Es ist mehr als traurig, dass die Sendung so gelaufen ist, wie sie gelaufen ist. Dass wir immer noch nicht an dem Punkt sind, dass wir negativ behaftete Vokabeln einfach anstandslos ersetzen, weil uns die Sprache doch erfreulicherweise genug wundervolle Möglichkeiten an die Hand gibt. Dass es nicht so richtig pfiffig war, ausgerechnet Captain Eloquenz aka Jürgen Milski zum Thema zu befragen, darin sind sich wohl sowohl Hallaschka (der ebenfalls kein gutes Bild abgab) und der WDR einig.

Dass sich Sinti und Roma lediglich aus Langweile an bestimmten Begrifflichkeiten abarbeiten, wird auch eine Janine Kunze so schnell nicht nochmal sagen, auch das dürfte feststehen. Ihr Instagram-Posting mit ihrer Reaktion klingt für mich zumindest so, als habe sie kapiert, dass es einen Unterschied gibt zwischen Dingen, die man nicht böse oder diskriminierend meint und Dingen, die man den Diskriminierten dennoch antut.

Ich möchte jetzt aber dennoch eine Lanze für alle fünf Teilnehmer der Sendung brechen und will dabei nicht Gefahr laufen, dass es wie Relativieren des Gesagten wahrgenommen wird. In der Sendung haben alle Beteiligten Kacke gebaut, das wissen wir, das wissen die. Bestenfalls haben einige von ihnen – siehe Kunzes Instagram-Posting oben – was daraus gelernt. Bei Milski bin ich relativ sicher, dass der seinen Standpunkt nicht ändern wird, bei Gottschalk weiß ich auch nicht, ob sich dieser Mensch im Alter noch als geistig so beweglich zeigt.

Aber und das ist jetzt dieses „aber“, von dem ich hoffe, dass es nicht als Beschwichtigen wahrgenommen wird: Wir müssen jetzt auch nicht so tun, als ist dieser Thomas Gottschalk, der uns im TV vierzig Jahre lang Freude bereitet hat und der jetzt augenscheinlich mit einigen Ansichten etwas aus der Zeit gefallen ist, plötzlich ungefähr auf Augenhöhe mit Trump, Hildmann oder Hitler. Der hat eine Riesenscheiße erzählt, sowohl was das Thema Rassismus als auch das Gendern angeht, dafür gehört er angezählt. Aber wir müssen jetzt auch nicht zwingend so tun, als ob er Kinder frisst, die er vorher eigens mit seinem SUV erlegt hat oder so.

Vielleicht ist es gar nicht mal so kacke, dass die Thematik jetzt wieder so hochkocht, denn Sendungen wie die hier besprochene beweisen ja schließlich, dass es noch viel zu reden gibt. Aber mich stört es jetzt, mit welcher Wucht alle Personen, die da in dieser Runde gesessen haben, im Internet beschimpft werden. Beschimpft in einem Ton und mit einem Hass, die jede Verhältnismä0igkeit vermissen lassen. Wie viel besser als Gottschalk ist man denn, wenn man ihn nicht auf seine Fehler anspricht, sondern ihn und seine Familie stattdessen aufs Übelste beleidigt? Seid von mir aus sauer auf ihn und die anderen und erklärt ihnen, wieso sie Scheiße gebaut haben. Aber vor allem erklärt ihnen auch, wie es richtiger ginge. Micky braucht das niemand erklären, der weiß das alles selbst und ich wette, niemand ist zerknirschter als er selbst über seinen Auftritt. Aber es gibt nicht nur diese eine Sendung und diesen einen Vorfall.

Wir haben diese Leute alle um uns herum und wie ich oben schon sagte: Manchmal in manchen Situationen sind wir selbst die Leute, die mit einer rassistischen Aktion übers Ziel hinausschießen. Weil es eben NICHT so ist, dass wir das fühlen, was die Betroffenen fühlen. Das müssen wir alle in die Birnen kriegen und das müssen wir jedem erzählen, der das nicht weiß oder nicht akzeptiert. Also, lange Rede, kurzer Sinn: Spart euch die Energie, die ihr beim unangemessenen Beleidigen verschwendet und nutzt sie, um aufzuklären und um euch selbst zu reflektieren. Ich versuche es für mich jedenfalls so.

PS: Ein kleiner Nachtrag noch, aber dann bin ich auch wirklich erst mal durch mit dem Thema. Wenn eine Talkshow sich um Rassismus dreht, dann wäre es klug, tatsächlich eine diverse Runde aufzustellen, die die Möglichkeit bietet, dass verschiedene Gesichtspunkte und Blickwinkel betrachtet werden. Ich täte mich aber schwer damit, wenn wir jetzt dazu übergehen würden, dass nicht mehr über Rassismus gesprochen werden darf, wenn kein Betroffener am Tisch sitzt. Von mir aus sollen ruhig vier Weißbrote über Rassismus sprechen und darüber, wie sie die Welt wahrnehmen, erst recht in Sendungen mit verschiedenen Themen. Aber sie sollen dann eben tatsächlich aus ihrer Sicht über das Thema sprechen, über ihre Sichtweisen, ihre Gefühle und darüber, wie sie sich mit der Thematik auseinandersetzen. Sie sollen NICHT so tun, als könnten sie Rassismus umfassend besprechen oder gar erklären und schon gar nicht sollten sie vorgeben, das fühlen zu können, was Opfer von Rassismus fühlen.

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